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Gen Z

Generation Z - eine Generation von Helden?

Arbeitsmarkt Aktualisiert am: 03. Mai 2023 9 Min.

Junge Leute, die ganz selbstbewusst „Nein“ zum Großraumbüro sagen, sich gegen Normen und Trends stemmen und damit die Zukunft der Arbeit maßgeblich beeinflussen werden ... Wer sind diese jungen Wilden? Wir haben uns mit dem Generationen-Experten Prof. Christian Scholz darüber unterhalten, wer die Gen Z eigentlich ist und warum wir uns von ihr ruhig beeinflussen lassen sollten.

Die Generationen-Klischees kennen wir ja: Verweichlicht, faul und wählerisch seien die Jungen. Als Arbeitnehmer sprunghaft und schwer zu halten. Während die Generation Y bis dato im Fokus der Arbeitgeber stand, rückt langsam eine neue heran: die Generation Z. Aber wer sind sie und was wollen sie? Und noch viel wichtiger: Warum sollten wir alle ein bisschen mehr „Z“ sein? Generationen-Experte Prof. Christian Scholz hat uns im Gespräch verraten, warum diese Gruppe einen neuen Zeitgeist kreieren wird:

Wie wird sich unsere Arbeit in Zukunft weiterentwickeln und was hat die Generation Z damit zu tun?

Christian Scholz: Der entscheidende Punkt ist, dass die Generation Z völlig anders ist als die Generation Y. Die Gen Z will Sicherheit, Struktur, sie will sich wohlfühlen und sich selbst verwirklichen – Letzteres will die Gen Y auch. Aber Sicherheit und Struktur sind Forderungen, die in der heutigen Wirtschaftssystematik nicht mehr vorgesehen sind. Wenn Unternehmen mit hyperflexiblen Arbeitszeiten ködern wollen, ist das für viele der Gen Z abschreckend, weil sie das Gefühl haben, dahinter steckt Arbeit auf Abruf, sie sollten also permanent zur Verfügung stehen. Letztlich ist das, was die Gen Z möchte, der totale Gegenentwurf zu dem, was wirtschaftspolitisch momentan in puncto Arbeitszeit oder Arbeitsort propagiert wird.

„Großraumbüros und Desk Sharing sind für die Gen Z ein Albtraum!“

Generationen-Experte Prof. Christian Scholz
SCHOLZ Christian

Großraumbüros und Desk Sharing – das geht für Gen Z überhaupt nicht. Die Vertreter dieser Generation wollen ihren eigenen Schreibtisch und ihr eigenes Büro haben. Sie wollen aber auch Wohlfühlzonen und einen Design-Thinking-Bereich, in dem sie kreativ sein können. Aber die Bürolandschaften, die viele Großunternehmen gerade in bedrohlicher Gleichförmigkeit produzieren, sind für die Gen Z ein Albtraum.

Wird es für Arbeitgeber eine Herausforderung werden, diese Generationen zu vereinen?

Christian Scholz: Das ist überhaupt nicht besonders schwer. Denn auch andere Generationen haben oft kein Problem mit den Wünschen der Generation Z. Wenn man das Beispiel Arbeitszeit hernimmt, stört es die Gen Y ja auch nicht, wenn sie pünktlich Feierabend machen kann. Gerade bei Arbeitszeit und bei der Bürogestaltung sind die Generationen durchaus vereinbar: Denn Desk Sharing, wo ich keinen eigenen Schreibtisch mehr habe, das will keiner – nur die Gen Z artikuliert es laut und wird als Gamechanger etwas verändern.

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Gen Y & Z

Generation Y (kurz Gen Y) oder „Millennials“, bezeichnet die Bevölkerungskohorte, die im Zeitraum der frühen 1980er bis zu den späten 1990er Jahren geboren wurde.

Als Gen Z werden die Nachfolger der Millennials bezeichnet. Der Generation Z werden überwiegend diejenigen zugerechnet, die von 1997 bis 2012 geboren sind.

Auf den ersten Blick wirkt es sehr kompliziert, als Arbeitgeber beide Generationen anzusprechen, weil diese sehr unterschiedlich sind. Auf den zweiten Blick ist es aber gar nicht so schwierig: Gegen vieles, was die Gen Z möchte, hat die Gen Y gar nichts einzuwenden. Der wichtige Unterschied ist folgender: Nimmt man etwa extrem variable Arbeitszeit – Arbeit auf Abruf, am Wochenende, die Chef*in dürfte jederzeit anrufen – dann ist diese Flexibilität durch die Arbeitnehmer für die Gen Z ein No-Go. Diese sagen dazu: Wenn ich auf Abruf arbeiten soll, dann will ich diesen Job nicht. Und ich will auch kein Desk Sharing. Weil sie nämlich denken: Ich kann mir aussuchen, wo ich arbeite, und wenn ich nur einen kleinen Spind bekomme und nicht mal einen eigenen Schreibtisch, kommt das nicht in Frage. Und dann gehen sie zu einem anderen Unternehmen.

Beim Thema Arbeitszeit und Büro ist das „Problem“ unterschiedlicher Generationen relativ leicht lösbar, weil die Gen Y hier auch nichts gegen die Wünsche der Gen Z hat. Für Arbeitgeber heißt das: Es ist definitiv nicht schlecht, sich an der Gen Z auszurichten. Viele der Gen Y werden von unserer fluiden Welt auch schön langsam genervt – und mutieren allmählich zur Haltung ihrer Nachfolge-Generation. Es passiert manchmal, dass Leute nach Vorträgen zu mir kommen und meinen: „Kann sein, dass ich mal Y war. Ich bin 30 Jahre alt, eigentlich bin ich laut Definition nicht Generation Z, aber was die wollen, ist verdammt gut – das will ich auch! Ab jetzt bin ich Generation Z!“

„Was die wollen, ist verdammt gut – das will ich auch!“

Die junge Generation von heute soll ja eine sein, die Probleme wie die Zerstörung unserer Umwelt, politische Auseinandersetzungen etc. wirklich ernst nimmt und aktiv dagegen vorgeht – wir sehen das etwa an den „Fridays for Future“. Wie denken Sie, wird sich das auf die Arbeitszeit auswirken?

Christian Scholz: Ich bin mir sicher, dass sich hier etwas bei der Arbeitszeit-Flexibilisierung verändern wird. Wir gehen in Richtung weniger Flexibilisierung durch die Mitarbeiter*innen und mehr Flexibilisierung für die Mitarbeitenden. Das heißt im Ergebnis, dass wir etwas stabilere Systeme bekommen, was wiederum bedeutet, dass wir aktuell einen „Clash of Cultures“ haben. Hier prallen Kulturen aufeinander: Diese Hyperflexibilität, die beispielsweise hinter der österreichischen Arbeitszeitregelung steckt, ist etwas, was die Industrie teilweise will, was aber ganz sicher nicht alle wollen. Psycholog*innen und Mediziner*innen sehen das genauso kritisch wie ich: Wir bekämen dadurch eine Belegschaft, die noch kränker wird. So gesehen ist das, was die Gen Z will, definitiv gut – aber nicht Mainstream. Genauso wie das mit den Arbeitsraumkonzepten nicht Mainstream ist.

Ich hatte vor kurzem mit jemandem von einem großen bekannten Unternehmen ein Gespräch und der meinte: „Ich mag diese Bürolandschaften mit dem Desk Sharing und Activity Based Working ja auch nicht, aber das macht man jetzt halt so. Wir wollen agil wirken und dazu brauchen wir diese modernen Formen.“

Wie denken Sie wird das Ganze in zehn bis 15 Jahren aussehen – Büros, Arbeitszeit, der Themenbereich „New Work“?

Christian Scholz: Wir werden in zwei bis drei Jahren eine richtige Diskussion über all diese Konzepte bekommen. Dann werden wir immer mehr Unternehmen sehen, die sagen: Das will ich, das brauch ich! Und die werden zurück bauen, weil sie ganz genau sehen, dass sie Mitarbeiter*innen brauchen und halten müssen. Die Fluktuationsraten sind ja teilweise sehr hoch inzwischen, egal ob Auszubildende oder Nachwuchs-Führungskräfte. Vor diesem Hintergrund wird es eine Reihe von Unternehmen auf die harte Art erfahren, wie falsch sie heute denken. Vielleicht wird man noch eine Zeit lang über die böse Gen Z schimpfen, dass die das alles nicht tut und kann, was man als Arbeitgeber möchte. Aber irgendwann müssen sie dann doch mitziehen, und das kann teuer werden.

„Eine Reihe von Unternehmen wird es auf die harte Art erfahren.“

Meine Botschaft ist, dass wir bei vielen diese Richtung, die ich „Z-Kompatibilität“ nenne (mehr Struktur, mehr Sicherheit, mehr Selbstverwirklichung, Trennung von Beruflichem und Privatem), bekommen werden und das wird in der nächsten Zeit eine spannende Diskussion geben.

Muss dann etwas wie eine 30-Stunden-Woche dahinterstehen oder geht sich das mit den momentanen Bedingungen aus?

Christian Scholz: Es muss nicht zwingend die 30-Stunden-Woche dahinterstehen, die Gen Z fände es aber gut, wenn dem so wäre. Diese Generation hat ein Sphärenkonzept im Kopf: Wenn sie es sich aussuchen könnte, würde sie gern einen tollen Job haben, den sie auch mit Hingabe erledigt und zwar beispielsweise von 9 bis 14 Uhr. Danach würde für sie im Idealfall Privatleben oder auch ein ganz anderer Job beginnen. Die Idee, dass mein Leben sich nicht immer nur kreisförmig um meinen Beruf dreht und ich in diesem Hamsterrad drinsitze, das bewusste Abschalten und in eine andere Sphäre zu gehen ist ja laut Innovationsforschung auch tatsächlich Gold wert!

„Die Jugend von heute sagt: „Ich will nicht in einem Hamsterrad gefangen sein.““

Auch ich selbst mache das immer wieder: Ich nehme mir Tage, Wochen, ja sogar manchmal Monate frei und mache ganz etwas anderes. Das, glaube ich, ist es, was die Gen Z braucht und davon können Unternehmen auch wunderbar profitieren. Deswegen sehe ich nicht das Negative an der Gen Z oder wie manche Unternehmen denken „Wie komme ich mit denen klar?“ Nein, es ist ein anderes Denken, das uns insgesamt gut tut, und erfolgreiche Unternehmen werden sich ohnehin dorthin entwickeln.

„Erfolgreiche Unternehmen werden sich ohnehin in die Richtung der Gen Z entwickeln.“

Haben Sie einen Tipp für beide Seiten: Wie können Arbeitgeber und Arbeitnehmer*innen in Zukunft glücklich miteinander werden?

Christian Scholz: Von der Generation Z wünsche ich mir, dass sie sich mehr selbst reflektiert. Sie sollte besser verstehen, warum sie so denkt und anders denkt. Das Ganze kann langfristig nicht in eine Einbahnstraße hinauslaufen. Es können sich nicht alle an die Gen Z anpassen. Es gibt Bereiche wie die Übernahme von Verantwortung, da wird sich die Gen Z anpassen müssen.

Was ich mir von Unternehmen wünschen würde ist, dass sie dem Konzept der Hyper-Flexibilität abschwören. Zurzeit herrscht fast schon die Denke Wir flexibilisieren lieber die Belegschaft, als dass wir selbst einen richtigen Plan machen. Bei Schichtplanung kann man das gut sehen: Die Schichtpläne sind nicht besser geworden, obwohl wir jetzt KI und Big Data haben. Viele sagen: „Meine Mitarbeitenden sind ja auf Abruf, die haben ihre Handys, ich kann sie ja herholen.“ So gesehen profitieren Unternehmen nicht davon, wenn sie die Hyper-Flexibilisierung spielen, sie sollten auf die Struktursicherheit der Gen Z setzen, das gibt mehr Ruhe, mehr Konzentration, weniger Fehler und zum Schluss zufriedenere Kunden.

Was ist Ihre private Meinung zur Zukunft der Arbeit?

Christian Scholz: Ich weiß nicht genau, wie das Spiel ausgeht. Vor ein paar Jahren wussten wir auch noch nicht, dass England aus Europa austreten will – es kommen immer unvorhergesehene Dinge ins Spiel. Zurzeit gibt es den Clash zwischen den beiden Sichtweisen auf die Arbeitswelt: 90 Prozent in die Richtung der Hyper-Flexibilisierung und zehn Prozent in die Z-Richtung. Von der Evolution her wissen wir, dass nicht immer die 90 Prozent gewinnen. Daher glaube ich, dass hier die Evolution ziemlich zuschlagen wird, und da werden viele Unternehmen große Probleme bekommen.

Die Arbeitskräfte von morgen werden nicht mehr in diesen pseudo-modernen Büros und zu den pseudo-agilen Arbeitszeiten arbeiten wollen. Vielleicht werden sie durch eine Krise mit extremer Arbeitslosigkeit dazu gezwungen, so wie heute in Spanien, gegen ihre Überzeugung zu arbeiten. Aber es gibt wenige Argumente, die für einen konjunkturellen Einbruch sprechen und so gesehen bin ich extrem optimistisch und freue mich sehr darauf, wie sich Dinge verändern werden und wir eine ganz andere Arbeitswelt bekommen.

„Es wird spannend sein zu sehen, wie plötzlich viele umdrehen.“

Es wird auf jeden Fall spannend, wenn alle, die jetzt in die eine Richtung loslaufen, sukzessive umdrehen und wenn man genau hinhört, drehen sich jetzt schon einige um. Man sieht es bereits an mittelständischen Unternehmen, die plötzlich sagen „Nein, dann müssen wir das doch anders machen!“ Ich persönlich glaube, dass wir den Stil der Gen Z weitgehend übernehmen werden und dass das ein gutes Modell für uns alle wird.

Über Christian Scholz #

Christian Scholz ist Experte für die Generation Z, sein Arbeitsfokus gilt momentan dem Clash der Normen von Werten der Generation Z als künftige Arbeitnehmer mit der vorherrschenden Interpretation von „New Work“. Nach Stationen wie der Universität von Regensburg und Forschung an der Harvard Business School wurde Christian Scholz 1986 Professor für Organisatorisches Verhalten (Organisational Behaviour), Human Resource Management und Information Management an der Universität dese Saarlandes in Saarbrücken (Deutschland) – seit 2018 ist er emeritiert und hat so noch mehr Zeit, sich in vielfältiger Form mit der Generation Z zu beschäftigen. Denn sie kann einen neuen Zeitgeist kreieren, den es zu verstehen und mitzugestalten gilt.

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