Mythos Gleichstellung: Warum Frauen immer noch weniger verdienen
Der Lohnunterschied zwischen Frauen und Männer liegt bei 18,3 % – das ist Realität in Österreich, einem Land, in dem die Geschlechter eigentlich gleichgestellt sind. Im Vergleich liegt der durchschnittliche Lohnunterschied in der EU bei 12,0 % (Quelle: Eurostat 2023). Gesetze und Frauenquoten ändern in der Praxis leider zu wenig, wie Statistiken zeigen. Wir haben uns auf die (ernüchternde) Suche nach den Gründen gemacht.
Am 2. November 2025 ist wieder Equal Pay Day in Österreich – also jener Tag, ab dem Frauen statistisch gesehen gratis arbeiten, wenn man ihr Einkommen mit dem von Männern vergleicht.Obwohl sich in den letzten Jahren viel bewegt hat, bleibt die Einkommenslücke zwischen Frauen und Männern hartnäckig bestehen.
Dieser Artikel zeigt, was hinter dem Gender Pay Gap steckt, räumt mit Mythen auf und erklärt, warum es sogar zwei Equal Pay Days gibt.
Was bedeutet Gleichstellung am Arbeitsmarkt? #
„Gleichstellung in der Arbeitswelt bedeutet, dass alle Menschen unabhängig von Geschlecht, sollen die gleichen Chancen haben, eine Arbeit zu finden, auszuüben und dafür fair entlohnt zu werden.“
💡Gleichstellung am Arbeitsmarkt
- Gleiche Rechte und Chancen bei Zugang zur Erwerbstätigkeit
- Gleiche Chancen bei Karriere- und Aufstiegsmöglichkeiten
- Gerechte Bezahlung für gleichwertige Arbeit
Der aktuelle Stand in Österreich #
Am 2. November 2025 markiert Österreich wieder den Equal Pay Day. An diesem symbolischen Tag haben Männer bereits jenes Einkommen erreicht, für welches Frauen noch bis Jahresende arbeiten müssen. In Österreich liegt der sogenannte unbereinigte Gender Pay Gap (die durchschnittliche Einkommenslücke zwischen Frauen und Männern) bei etwa 18,3 % im Jahr 2023. Im EU-Vergleich bildet Österreich damit den vorletzten Platz. Nur Lettland hat einen höheren Lohnunterschied.
Nur ein Teil dieses Abstands lässt sich durch Unterschiede bei Branche, Qualifikation, Arbeitszeit, Unternehmenszugehörigkeit erklären.
Tabelle: Kennzahlen zur Gleichstellung in Österreich
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| Kennzahl | Wert | Bedeutung |
| Gender Pay Gap (unbereinigt) | 18,3 % | Frauen verdienen im Schnitt 18,3 % weniger als Männer. |
| Bereinigter Gender Pay Gap | ca. 6 % | Selbst bei gleicher Qualifikation und Tätigkeit bleibt eine Lücke. |
Zwei Equal Pay Days – was ist der Unterschied? #
Viele fragen sich, warum es zweimal im Jahr einen Equal Pay Day gibt. Tatsächlich meinen beide Tage dasselbe Thema, den Gender Pay Gap, also die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern, sie betrachten ihn aber aus unterschiedlicher Richtung.
1️⃣ Frühjahrs-Termin: Internationaler bzw. Europäischer Equal Pay Day
- Findet meist im März statt (der genaue Tag variiert je nach Berechnung).
- Dieser Termin wird von der EU bzw. dem European Institute for Gender Equality (EIGE) festgelegt.
Er zeigt, wie viele Tage Frauen im neuen Jahr zusätzlich arbeiten müssen, um das Einkommen zu erreichen, das Männer bereits mit Jahresende des Vorjahres verdient haben.
Beispiel:
Verdienen Frauen rund 18 % weniger, müssen sie etwa 66 Tage länger arbeiten (also bis Anfang März), um auf das gleiche Jahreseinkommen zu kommen.
👉 Der Frühjahrs-Termin blickt rückwirkend: Er verdeutlicht, wie groß die Lücke im Vorjahr war.
2️⃣Herbst-Termin: Equal Pay Day Österreich
In Österreich liegt dieser Tag meist Ende Oktober oder Anfang November (2025 z. B. am 2. November).
Er wird vom Bundeskanzleramt berechnet und zeigt, ab wann Frauen im laufenden Jahr statistisch gesehen „gratis“ arbeiten, wenn man ihr Einkommen mit dem von Männern vergleicht.
👉 Der österreichische Herbst-Termin blickt voraus: Er zeigt, wie früh Frauen im Jahr statistisch „unbezahlt“ arbeiten.
Kurz erklärt: Zwei Perspektiven auf dieselbe Lücke
| Zeitpunkt | Bezeichnung | Bedeutung | Blickrichtung |
| März | Internationaler / Europäischer Equal Pay Day | Frauen müssen bis zu diesem Tag länger arbeiten, um dasselbe zu verdienen wie Männer im Vorjahr. | Rückblickend |
| November | Equal Pay Day Österreich | Ab diesem Tag arbeiten Frauen statistisch „gratis“ bis Jahresende. | Vorausblickend |
Beide Tage machen denselben Missstand sichtbar: die ungleiche Bezahlung. Der Frühjahrs-Termin erinnert rückblickend an die bestehende Lücke, der Herbst-Termin zeigt, dass sie noch immer Realität ist.
Warum gibt es den Gender Pay Gap überhaupt? #
Die Ursachen für Einkommensunterschiede sind komplex. Sie hängen nicht nur von Arbeitszeit oder Branche ab.
Häufige Gründe:
Teilzeitarbeit: Frauen arbeiten deutlich öfter Teilzeit – meist wegen Betreuungspflichten.
Berufswahl: „Frauentypische“ Branchen (z. B. Pflege, Pädagogik, Handel) sind schlechter bezahlt.
Karriereunterbrechungen: Mutterschutz, Karenz oder Pflegezeiten führen zu Nachteilen beim Aufstieg.
Fehlende Transparenz: Gehälter sind in vielen Betrieben kein offenes Thema.
Stereotype & unbewusste Vorurteile: Rollenbilder beeinflussen, wer als „führungsstark“ gilt.
- Unbereinigt: Durchschnittlicher Lohnunterschied aller Frauen und Männer – ohne Anpassung nach Beruf, Branche oder Arbeitszeit.
- Bereinigt: Lohnunterschied, nachdem vergleichbare Faktoren berücksichtigt wurden. Auch dann bleibt in Österreich eine Lücke von rund 6 % bestehen.
Mythen über Gleichstellung und die Fakten dahinter #
| Mythos | Realität |
| „Frauen verdienen weniger, weil sie weniger arbeiten.“ | Teilzeit erklärt nur rund ein Drittel der Lohnlücke. |
| „Es gibt keine systematische Benachteiligung mehr.“ | Selbst bei gleicher Qualifikation bleibt eine Lücke bestehen. |
| „Frauen wählen einfach schlechter bezahlte Jobs.“ | Strukturelle Unterschiede und Rollenerwartungen beeinflussen die Berufswahl. |
Was können Arbeitgeber und Beschäftigte tun? #
Für Beschäftigte
Fordere Gehaltstransparenz und faire Bezahlung ein.
Informiere dich über branchenübliche Gehälter.
Nutze Netzwerke, Mentor*innen und Weiterbildungen für deinen nächsten Karriereschritt.
Wende dich bei Verdacht auf Ungleichbehandlung an den Betriebsrat oder die Gleichbehandlungsstelle.
Für Arbeitgeber*innen
Führe regelmäßige Lohnanalysen durch.
Schaffe transparente Beförderungs- und Gehaltsrichtlinien.
Fördere familienfreundliche Arbeitsmodelle (z. B. Teilzeit-Führung, flexible Arbeitszeiten).
Sensibilisiere Führungskräfte für unbewusste Vorurteile.
Kommuniziere Gleichstellung aktiv im Employer Branding.
Fazit #
Der Equal Pay Day ist kein Gedenktag – er ist ein Weckruf. Solange Frauen in Österreich im Schnitt fast ein Fünftel weniger verdienen, ist Gleichstellung keine Realität, sondern ein Auftrag.




