
Erreichbarkeit im Urlaub: Muss das denn wirklich sein?
Im Urlaub erreichbar zu sein oder nicht, das ist eine Sache. Eine andere, ob allen Beteiligten klar ist, wie das Thema überhaupt gehandhabt wird. Denn klare Regeln gibt es dazu nicht immer und oft heißts schlicht: „Wenn was ist, ruf mich an!“ – Warum dieser Satz deinen Urlaub ruinieren kann und ob du erreichbar sein musst, erfährst du im Blog.
Ich packe meinen Koffer und nehme mit: ganz sicher nicht das Diensthandy. Realität oder Wunschtraum? Kurz vor dem Urlaub stellt sich oft die Frage, wie man mit dem Thema Erreichbarkeit umgehen soll. Bei vielen Unternehmen gibt es nämlich keine klaren Richtlinien zu E-Mail, Telefon & Co. während der wohlverdienten Auszeit.
Muss ich meine E-Mails auch im Urlaub checken?
Und darf ich Kolleg*innen während der Freizeit anrufen, wenn ich etwas brauche? Werden solche Fragen vor Urlaubsantritt nicht geklärt, sorgt das für Stress auf beiden Seiten. Klar definierte Regeln gibt es selten, sollten aber – wenn schon nicht unternehmensweit, dann zumindest auf Teamebene – vor dem Urlaubsantritt eine*r Kolleg*in besprochen werden. Das gilt natürlich auch für Führungskräfte und Selbstständige. Denn auch für Kund*innen oder Geschäftspartner*innen muss man im Urlaub nicht erreichbar sein.
Im Urlaub erreichbar sein ist nicht Pflicht
Aus arbeitsrechtlicher Sicht müssen Arbeitnehmer*innen während ihrer Abwesenheit nicht dafür sorgen, dass sie für Kolleg*innen oder Vorgesetzte erreichbar sind. Dennoch ist es laut einer aktuellen Umfrage von Bitkom für drei Viertel der Berufstätigen üblich, im Sommerurlaub dienstlich zu kommunizieren.
Einer karriere.at Umfrage zufolge sind gut ein Drittel der österreichischen Arbeitnehmer*innen generell immer für die Arbeit erreichbar. Das mag in Ausnahme- und Notfällen sinnvoll sein, ist rechtlich aber keineswegs verpflichtend. Wichtig: Diese Notfälle gehören vorab klar definiert und schriftlich dokumentiert.
„Ein Drittel der österreichischen Arbeitnehmer*innen ist immer für die Arbeit erreichbar.“
„Wenn was ist, ruf mich an!“ – Wie dieser Satz deinen Urlaub ruiniert

Gute Absicht, schlechte Wirkung

Psychologin Christa Schirl
„Was lieb gemeint ist, kann eine sehr negative Wirkung haben.“
- Nicht abschalten können: Eine Störung im Urlaub ist für manche Menschen nicht schlimm, weil sie gleich wieder geistig abschalten können. Andere beschäftigt die Störung noch Tage – oder den ganzen Urlaub über. Erholung ist das nicht.
- Familie und Partnerschaft können leiden: „Wer ist wichtiger: die Arbeit oder ich?“ – Urlaub ist Privatzeit. Bei Störungen können sich Partner und Familienmitglieder geringgeschätzt oder unwichtig fühlen.
Was tun, wenn es im Urlaub Probleme in der Arbeit gibt?
Die Arbeitspsychologin empfiehlt, den Urlaub auch tatsächlich arbeitsfrei zu halten und gar nicht erst zu sagen: Ruf mich an, wenn was ist. Dann kommen die Kolleg*innen viel weniger in Versuchung. Die Psychologin empfiehlt stattdessen ein Stand-by-System: „Wenn es wirklich nötig ist, sollten Stand-by-Zeiten vereinbart werden, die dann auch als Arbeitszeit gelten, um bei Notfällen abrufbar zu sein.“
Fällt der Urlaub wirklich in eine extrem heikle Phase, sollte der Urlaub lieber verschoben werden. „Das gilt aber nur für absolute Ausnahmesituationen“, betont Schirl. „Für die Erholung ist es allerdings besser, man schließt das Projekt oder die Situation, die so entscheidend ist, noch gut ab, und kann danach den Urlaub richtig genießen.“ Wenn während der Urlaubszeit Probleme auftauchen, helfen diese Tipps:
Tipps für Erreichbarkeit in der Urlaubszeit
- Klare Absprachen treffen Hier sind die Führungskräfte gefragt: Klar festgelegte Regeln zu Erreichbarkeit im Urlaub oder am Wochenende helfen Arbeitnehmer*innen dabei, abzuschalten und sich zu erholen. Bereits vor der Urlaubszeit verschiedene Szenarien durchsprechen und festlegen, ob es Notfälle gibt, in denen die Betroffenen auch im Urlaub kontaktiert werden kann.
- Kann die Person im Urlaub überhaupt helfen? Wenn unvorhergesehene Ereignisse eintreten und man sich nicht sicher ist, ob man den*die Kolleg*in im Urlaub anrufen soll, gibt es eine wichtige Frage zu beantworten: Kann die Person im Urlaub überhaupt helfen? In den meisten Fällen ist das nicht der Fall. Es bringt also nichts, jemanden über ein Problem zu informieren, an dem er oder sie gerade nichts ändern kann. Das belastet nur unnötig.
- Die Führungskraft als gutes Beispiel Wie bei allen Bereichen der Unternehmenskultur müssen auch hier Führungskräfte mit gutem Beispiel vorangehen. Auch sie müssen nicht immer und überall erreichbar sein oder E-Mails noch spät nach Feierabend verschicken. Abgesehen von der schlechten Work-Life-Balance senden Chefs und Chefinnen damit auch ein klares Signal an ihre Mitarbeiter*innen aus: Ich bearbeite meinen Posteingang auch noch um 22 Uhr – und du? Das verursacht indirekten Druck, es ihnen gleichzutun.
- Vertretungen regeln Mit einer klar geregelten Urlaubsvertretung ist es kaum notwendig, jemanden im Urlaub zu kontaktieren. Im Idealfall regelt die Vertretung alles Notwendige. Solche Tandems machen auch außerhalb der Urlaubszeit Sinn und wappnen für spontane Ausfälle.
Bildnachweis: shutterstock/Antonio Guillem; Christa Schirl