Vorsorgekasse auszahlen lassen oder nicht? Entscheidungshilfe für deine Mitarbeiter*innenvorsorge
Du hast in den vergangenen Jahren den Job gewechselt und bekommst regelmäßig Post von einer oder mehreren Vorsorgekassen? Vielleicht fragst du dich gerade, ob du das angesparte Geld bei der Vorsorgekasse auszahlen lassen solltest oder nicht und es besser dort belässt?
Die Antwort hängt von deiner Lebenssituation, deinen Zielen und ein paar wichtigen Rahmenbedingungen ab.
👉 In diesem Artikel erhältst du einen fundierten Überblick:
- Wie funktioniert die betriebliche Mitarbeitervorsorge überhaupt?
- Wann kannst du dir dein Guthaben auszahlen lassen?
- Und wann ist das sinnvoll oder vielleicht sogar ein Nachteil?
Was ist die Vorsorgekasse und warum betrifft sie dich? #
💡 Tipp
Dein eingezahltes Kapital ist durch eine gesetzliche Bruttokapitalgarantie geschützt. Es kann also grundsätzlich nicht weniger werden, nur mehr.
Seit 2003 sind Arbeitgeber in Österreich verpflichtet, für alle neuen Arbeitsverhältnisse Beiträge in eine sogenannte Vorsorgekasse einzuzahlen. Diese Regelung ist Teil der betrieblichen Mitarbeiter*innenvorsorge, früher auch als „Abfertigung neu“ bekannt. Konkret heißt das:
- 1,53 Prozent deines monatlichen Bruttogehalts werden von deinem Arbeitgeber eingezahlt.
- Dieses Geld wird von einer staatlich geprüften Vorsorgekasse veranlagt, möglichst sicher, oft auch nachhaltig.
- Deine Ansprüche sind unverfallbar: Das heißt, sie bleiben bestehen, auch wenn du kündigst, gekündigt wirst oder nur kurz im Unternehmen warst.
- Wenn du mehrere Jobs hattest, hast du wahrscheinlich auch mehrere Vorsorgekassen-Guthaben gesammelt.
Wann kannst du dir das Geld auszahlen lassen? #
Eine Auszahlung deiner Vorsorgekasse ist nicht jederzeit möglich, sondern es gelten bestimmte rechtliche Voraussetzungen. Denn prinzipiell ist das Geld tatsächlich als betriebliche Mitarbeiter*innenvorsorge gedacht. Du kannst dir dein Guthaben auszahlen lassen, wenn:
- dein Arbeitsverhältnis beendet ist (etwa durch Kündigung, Auflösung oder Pensionierung),
- mindestens 36 Beitragsmonate in eine oder mehrere Vorsorgekassen eingezahlt wurden
- oder kein neues Arbeitsverhältnis mit einem Arbeitgeber besteht, der in eine Vorsorgekasse einzahlt
Wenn diese Bedingungen erfüllt sind, hast du folgende Optionen:
| Möglichkeit | Folge |
| Einmalauszahlung | Du erhältst dein gesamtes Guthaben direkt auf dein Konto, abzüglich 6 Prozent Lohnsteuer. |
| Weiterveranlagung | Das Geld bleibt in der Kasse und wird weiter veranlagt, inklusive Kapitalgarantie. |
| Übertragung | Du kannst das Kapital in eine Pensionskasse oder Zusatzversicherung steuerfrei einbringen. |
| Mitnahme | Bei einem neuen Job wird dein Guthaben automatisch in die neue Kasse übertragen. |
❗ Wichtig: Die Auszahlung muss innerhalb von zwei Monaten nach Ende des Arbeitsverhältnisses geltend gemacht werden. Die Kasse hat dann fünf Bankarbeitstage Zeit, den Betrag auszubezahlen. Meldest du dich nicht, bleibt das Geld einfach weiter veranlagt.
Vorsorgekasse auszahlen lassen, oder nicht? Entscheidungshilfe im Überblick #
Ob du dir dein Guthaben auszahlen oder es weiter für dich arbeiten lässt, hängt stark von deiner persönlichen Situation ab. Um dir die Entscheidung zu erleichtern, findest du hier die wichtigsten Argumente im direkten Vergleich:
| Eher Auszahlung | Eher Weiterveranlagung | |
| Alter | Unter 40 Jahre | Über 40 Jahre, näher an der Pension |
| Finanzielle Situation | Kapital wird kurzfristig benötigt | Keine akuten Ausgaben, langfristige Planung möglich |
| Risikobereitschaft | Höhere Risikobereitschaft, eigenes Investment geplant | Sicherheitsorientierte Vorsorge |
| Anlagestrategie | Du willst selbst investieren | Du vertraust auf konservative, staatlich geprüfte Veranlagung |
| Zielsetzung | Kurzfristige Ziele (wie Umschuldung, Selbstständigkeit) | Langfristige Altersvorsorge |
👉 Vorteile der Auszahlung:
- Sofortiger Zugriff auf das Kapital
- Günstige Besteuerung: nur 6 Prozent Lohnsteuer
- Volle Flexibilität, zum Beispiel zur Schuldentilgung, für Investitionen oder als Notgroschen
👉 Vorteile der Weiterveranlagung:
- Langfristiger Vermögensaufbau, auch ohne aktives Zutun
- Kapitalgarantie auf die einbezahlten Beiträge
- Steuerfreie Übertragung möglich – unter anderem in eine lebenslange Zusatzpension
💡 Tipp: Bei kleinen Beträgen (unter 200 €) kann eine Auszahlung sinnvoll sein. Bei größeren Summen ist es oft besser, das Geld anzusparen oder in eine alternative Vorsorgeform zu übertragen.
Mehrere Vorsorgekassen? So führst du deine Guthaben zusammen #
📌 Hinweis
Eine Zusammenführung hat keine steuerlichen Nachteile und sie hilft dir, den Überblick zu behalten. Größere Beträge profitieren zudem oft von besseren Veranlagungskonditionen innerhalb einer einzelnen Kasse.
Viele Menschen wechseln im Laufe ihres Berufslebens mehrmals den Job, was dazu führt, dass sich das Guthaben aus der Mitarbeiter*innenvorsorge auf mehrere Vorsorgekassen verteilt. Die Folgen sind, dass du mehrere Mitteilungen pro Jahr erhältst, den Überblick vielleicht verlierst und oft kleine Beträge, die ungenutzt bleiben.
👉 Du kannst deine Guthaben freiwillig zusammenführen, also auf die Vorsorgekasse deines aktuellen Arbeitgebers übertragen lassen. Das geht ganz unkompliziert:
- In der jährlichen Mitteilung findest du meist ein Übertragungsformular.
- Du kannst den Antrag auch online über das Portal deiner Kasse stellen.
- Du entscheidest, auf welche Kasse das Kapital übertragen werden soll.
Selbstständig geworden? So nutzt du deine Mitarbeiter*innenvorsorge richtig #
Wenn du dich selbstständig machst oder in die Selbstständigkeit wechselst, ändert sich deine Situation: Es gibt keinen Arbeitgeber mehr, der in deine Vorsorgekasse einzahlt. Das vorhandene Kapital bleibt aber bestehen und die Frage ist: Was tun damit?
| Auszahlung beantragen | Weiterveranlagung oder Übertragung |
| Besonders attraktiv, wenn du das Kapital als Startkapital für dein Business benötigst | Wenn du das Geld nicht sofort benötigst, kannst du es weiter in der Vorsorgekasse belassen |
| 6 Prozent Lohnsteuer fällt an, der Rest steht dir zur freien Verfügung | Alternativ kannst du es in eine private Altersvorsorge übertragen (insbesondere Pensionskasse oder ETF-Sparplan) |
📌 Was spricht für Weiterveranlagung?
- Stabilität & Sicherheit (Kapitalgarantie)
- Möglichkeit langfristiger Rendite
- Du musst dich nicht aktiv kümmern
📌 Was spricht für Auszahlung oder private Veranlagung?
- Höhere Renditechancen bei aktivem Investment
- Flexibler Zugriff & freie Gestaltung
Wie gut arbeitet deine Vorsorgekasse eigentlich? #
Dein Geld wird von einer staatlich geprüften Vorsorgekasse verwaltet, aber nicht jede Kasse arbeitet gleich effizient. Unterschiede gibt es bei Rendite, Nachhaltigkeit, Transparenz und Servicequalität.
👉 Diese Punkte solltest du vergleichen:
- Durchschnittliche Rendite: 2023 erzielten die Kassen im Schnitt rund 6,4 Prozent, einzelne Kassen lagen deutlich darüber oder darunter
- Nachhaltige Veranlagung: Manche Kassen investieren gezielt in Umwelt- und Sozialprojekte. Wenn dir das wichtig ist, solltest du speziell darauf achten.
- Gebührenstruktur: Niedrige Verwaltungsgebühren steigern deine Nettorendite
- Online-Service: Wie einfach kannst du deine Kontoinfos abrufen?
Was passiert mit der Vorsorgekasse im Todesfall? #
Auch wenn man sich mit dem Thema ungern beschäftigt: Für den Ernstfall ist es wichtig zu wissen, wer Anspruch auf das Geld hat, wenn du versterben solltest. Das sagt das Gesetz:
Bezugsberechtigte Personen (in dieser Reihenfolge):
- Ehepartner*in oder eingetragene Partner*in
- Kinder, die Familienbeihilfe beziehen
Diese Personen erhalten das Guthaben zu gleichen Teilen, vorausgesetzt, sie beantragen es innerhalb von drei Monaten nach deinem Tod bei der Vorsorgekasse.
Was passiert, wenn die Frist versäumt wurde?
- Der Anspruch verfällt nicht vollständig.
- Wer sich verspätet meldet, kann den Anspruch zivilrechtlich gegenüber den anderen Bezugsberechtigten einklagen.
Was passiert, wenn sich gar keiner meldet?
- Dann fällt das Guthaben in die Verlassenschaft und wird im Rahmen der Erbschaft abgewickelt.
Online-Services: Hol dir den Überblick über deine Vorsorgekasse #
💡 Tipp
Setz dir eine Erinnerung und prüfe einmal im Jahr deinen Stand. Nur wer den Überblick hat, kann kluge Entscheidungen treffen.
Viele lassen ihre Mitarbeiter*innenvorsorge einfach „laufen“, ohne zu wissen, wie viel Kapital sie eigentlich bereits angespart haben. Dabei ist der Zugang zu den wichtigsten Informationen einfacher als je zuvor. Hier einige ausgewählte Online-Portale:
- „Meine VBV“ (vbv.at)
- Bonus Vorsorgeportal (bonusvorsorge.at)
- ÖVK Online (övk.at)
Was du dort findest:
- Dein aktueller Kontostand
- Veranlagungsergebnisse der letzten Jahre
- Prognosetools wie den Vorsorgerechner
- Übersicht über frühere Einzahlungen & eventuelle Übertragungen
- Möglichkeit zur Kontaktaufnahme oder Änderungsanfrage
So triffst du die richtige Entscheidung – Schritt für Schritt #
Jetzt liegt es bei dir: Vorsorgekasse auszahlen lassen oder nicht? Behalten oder übertragen? Diese Entscheidung hat Auswirkungen auf deine finanzielle Zukunft, deshalb lohnt sich ein systematischer Blick auf deine persönliche Situation.
✅ 1. Überblick verschaffen
- Welche Beträge liegen wo?
- Wie viele Vorsorgekassen hast du?
- Gibt es Fristen, die bald ablaufen?
✅ 2. Deine Ziele und Lebensphase bedenken
- Benötigst du aktuell Kapital?
- Planst du einen Karriereschritt, wie eine Selbstständigkeit?
- Wie sieht deine sonstige Altersvorsorge aus?
✅ 3. Optionen abwägen – mit Fakten, nicht nach Gefühl
- Wie viel bleibt bei Auszahlung netto übrig?
- Welche Erträge bringt die Weiterveranlagung realistisch?
- Kommt ein Übertrag in eine private Vorsorge infrage?
✅ 4. Hol dir bei Bedarf Unterstützung
- Arbeiterkammer, Bankberatung oder unabhängige Finanzexpert*innen helfen bei der Einordnung
FAQs: Deine häufigsten Fragen zur Auszahlung der Vorsorgekasse #
👉 Kann ich mir meine Vorsorgekasse einfach auszahlen lassen?
Nur, wenn dein Arbeitsverhältnis beendet ist, du mindestens 36 Beitragsmonate hast und aktuell kein neues Dienstverhältnis besteht.
👉 Wie hoch ist die Steuer bei einer Auszahlung der Vorsorgekasse?
Es fallen 6 Prozent Lohnsteuer an, aber keine Sozialversicherung und keine weiteren Abgaben.
👉 Kann ich das Kapital auch in eine Pensionsvorsorge übertragen?
Ja und das sogar steuerfrei. Du kannst das Geld zum Beispiel in eine Pensionskasse oder Zusatzversicherung überführen.
👉 Was passiert, wenn ich nichts mache?
Das Geld bleibt in der Vorsorgekasse und wird weiter veranlagt. Du verlierst nichts, aber du verzichtest möglicherweise auf bessere Veranlagungsmöglichkeiten oder die Chance zur Zusammenführung.
👉 Kann ich meine Vorsorgekasse wechseln?
Nur beim Jobwechsel, denn dein neuer Arbeitgeber bestimmt die neue Kasse. Bei bestehendem Dienstverhältnis ist ein Wechsel nicht möglich.
👉 Wer bekommt das Geld im Todesfall?
Ehepartner*in und Kinder mit Familienbeihilfe, wobei der Anspruch binnen drei Monaten geltend gemacht werden muss.
👉 Wie lange dauert die Auszahlung bei der Vorsorgekasse?
Maximal fünf Banktage, nach Ablauf von zwei Monaten ab Anspruchserklärung.
Fazit: Du entscheidest, ob du dir das Geld auszahlen lassen möchtest #
Ob du dir dein Guthaben aus der Vorsorgekasse auszahlen lässt, es weiter veranlagen oder in eine private Altersvorsorge übertragen möchtest: Die richtige Entscheidung hängt von deiner Lebenssituation ab.
✅ Auszahlung: Wenn du das Geld jetzt benötigst oder bewusst flexibel investieren willst.
✅ Weiterveranlagung: Wenn du langfristig denkst und das Kapital als Zusatzeinkommen im Alter nutzen möchtest.
✅ Übertragung: Wenn du die steuerfreie Chance einer privaten Zusatzpension nutzen willst.




