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Virtuelle fuehrung

Virtuelles Führen in der Krise: Auf Information und Wertschätzung kommt es an!

Zusammenarbeit Erstellt am: 26. März 2020 9 Min.

Die Corona-Krise erfordert in vielen Unternehmen virtuelle Führung, und das mit viel Fingerspitzengefühl. Wir haben zwei Expertinnen gefragt, wie Führungskräfte ihre Teams trotz räumlicher Distanz zusammenhalten können und wie Informationen kommuniziert werden sollen.

Die Krise fordert viele Führungskräfte gerade doppelt: Schwierige Themen müssen besprochen werden, und das auch noch ohne persönlichen Kontakt. Arbeitspsychologin Christa Schirl und „Die Wertschätzerin“ Manuela Wenger erklären uns, worauf es bei virtueller Führung in der aktuellen Situation ankommt:

Virtuelle Führung in der Krise: Informationen richtig kommunizieren #

Frau Schirl, wie viel Information brauchen Mitarbeiter im Moment?

Christa Schirl: Im Moment ist es eine herausfordernde Zeit für Arbeitgeber, denn die Informationen von gestern können heute schon nicht mehr stimmen. Arbeitnehmer müssen da momentan viel Geduld haben mit ihren Arbeitgebern, weil auch die nicht genau wissen, was morgen sein wird. Eine Zahl kann man nicht nennen, aber jedenfalls sollten Führungskräfte in der Krise zeitnah und regelmäßig informieren. Gegenseitiges Verständnis ist dabei im Moment sehr wichtig. Man muss sich gut in den anderen hineinversetzen können.

Gibts einen Punkt, an dem uns die Information zu viel ist?

Christa Schirl: Ja, ein zu viel an Information gibts sicher. Das kommt aber auf die Branche und die Information an, ob uns etwas zu viel ist. Das kann man nicht pauschal sagen. Die Gefahr ist in so unsicheren Phasen aber definitiv gegeben, dass man durch die eigene Unsicherheit viel zu viele Informationen auf einmal ausschickt. Eine Nachricht nach der anderen, das ist auch ein Zeichen dafür, dass man gerade stark im Stress ist. Ruhe bewahren ist da nicht einfach, aber wichtig.

Wie vermeide ich als Führungskraft, dass ich meine Mitarbeiter mit zu vielen Infos verunsichere?

Christa Schirl: Nicht gleich abschicken, sondern erst mal sacken lassen. Das E-Mail schreiben und dann erst mal kurz ruhen lassen, von jemand Zweitem durchlesen lassen, Feedback einholen, dann erst abschicken. Einfach abwarten, bis sich alles beruhigt hat, ist aber auch nicht der richtige Weg, denn wir SIND in einer Krisensituation und Mitarbeiter brauchen jetzt gute Führungskräfte, die sie auf dem Laufenden halten.

„Mitarbeiter brauchen jetzt Führungskräfte, die sie auf dem Laufenden halten.“

Christa Schirl · Psychologin
Christa Schirl HP Probe Portrait 150x150c

Nur im Stress tendieren wir dazu, Fehler zu machen, zu schroff zu formulieren. Daher sollte man jemand Zweiten erst lesen lassen, ob das passt, und dann erst verschicken. Oder, wenn man keinen zweiten hat, kurz warten, ein Glas Wasser trinken, durchatmen und dann noch mal überlegen, ob die Information richtig formuliert ist.

Wie formuliere ich Informationen gerade in Krisenzeiten richtig?

„Immer auch das Positive sehen!“

Christa Schirl: Es muss immer auch eine positive Message enthalten sein. Ein Blick in die Zukunft, ein positiver Anker, ein Motto oder etwas Aufmunterndes. Man darf sich keinesfalls nur auf das Negative konzentrieren, sondern in jeder Nachricht muss auch Gutes enthalten sein. Immer das Positive sehen. Das Wort kommt ja vom lateinischen „Positum“, also das Gesamte. Entsprechend sollte man immer das Gesamtbild betrachten. Wie ein Schwimmtrainer, der auf die Saison zurückblickt und sagt: „Wir haben zwar nie gewonnen, aber alle sind verletzungsfrei geblieben, niemand ist ertrunken.“

Welches Medium sollten Führungskräfte für welche Information wählen?

Christa Schirl: Wenn man sich unsicher ist und sich mit anderen absprechen möchte, dann ist sicherlich ein Telefonat oder eine Videokonferenz die bessere Wahl. Für Informationen wie geänderte Öffnungszeiten oder Umstellung auf Kurzarbeit mit den entsprechenden Rahmenbedingungen ist wahrscheinlich das E-Mail besser. Handlungsanweisungen sollten in schriftlicher Form gegeben werden. Aber jedes Unternehmen hat andere Kommunikationswege, das ist schwer allgemein zu beantworten.

Remote Teams zusammenhalten: Virtuelle Führung braucht Wertschätzung #

Wertschätzung ist momentan besonders wichtig, warum?

Manuela Wenger: Es gibt viele Menschen, die jetzt rund um die Uhr arbeiten, damit unser Leben halbwegs normal weiterlaufen kann – Supermarktmitarbeiter, Logistiker, Spediteure, aber natürlich auch medizinisches und Pflegepersonal oder die Mitarbeiter zuhause im Homeoffice – ihnen allen muss man jetzt besonders viel Wertschätzung zeigen, nicht nur als Führungskraft, sondern das betrifft uns alle.

Wie können wir das ausdrücken?

Manuela Wenger: Ich bezeichne das gern als das 1x1 der Höflichkeit – freundlich miteinander umgehen, Bitte und Danke sagen – das alles ist Teil einer wertschätzenden Kommunikation miteinander. Man muss sich überlegen: Was möchte ich selbst gern haben? Und dann gilt es, zuzuhören und seine Mitmenschen wahrzunehmen, ihre Anliegen ernst zu nehmen und sie sich zu merken. Mitarbeiter müssen spüren: Wir sind ein Team, wir rudern alle in dieselbe Richtung. Das stärkt das Zusammengehörigkeitsgefühl und motiviert enorm!

Gerade das Zusammengehörigkeitsgefühl leidet aber, weil viele Homeoffice machen oder in Kurzarbeit geschickt wurden. Wie halten Führungskräfte ihre Teams trotzdem zusammen?

„Die Krise ist die Stunde der Führungskräfte.“

Manuela Wenger · "die Wertschätzerin"
Manuela Wenger 255x300

Manuela Wenger: Diese Krise ist die Stunde der Führungskräfte. Jetzt müssen sie zeigen, wo es langgeht, sie müssen da sein für ihre Mitarbeiter, ein Gefühl der Sicherheit vermitteln und Anleitungen geben. Ein Schiff ohne Kapitän wird im Sturm wahrscheinlich untergehen. Genauso ist es jetzt mit Teams. Es braucht Führungskräfte, die ihre Teams genau durch die Krise steuern, ihnen sagen, was zu tun ist, und dabei wertschätzend kommunizieren.

Wie funktioniert wertschätzende Führung in dieser Situation?

Manuela Wenger: Mit viel Verständnis und viel Zuhören: Führungskräfte müssen jetzt sehr viel mit ihren Mitarbeitern sprechen, am besten täglich, nicht nur über die Arbeit, sondern auch über ihre Sorgen, ihre Ängste und dabei sehr gut zuhören. Gleichzeitig müssen Führungskräfte sehr klar formulieren, was zu tun ist und wo es langgeht.

Wie kommuniziert man im Homeoffice mit Mitarbeitern so, dass sie sich wertgeschätzt fühlen?

Manuela Wenger: Das ist jetzt eine Herausforderung vor allem für diejenigen, die bisher kein Homeoffice hatten. Viele Chefs waren ja bis zur letzten Sekunde der Meinung, dass ihre Mitarbeiter zuhause nicht ordentlich arbeiten. Ich kann aus meiner eigenen Erfahrung aber sagen: Meistens ist das Gegenteil der Fall. Also am besten ist, jetzt den Mitarbeitern zu vertrauen und nicht übertrieben zu kontrollieren.

„Mit täglichen Gesprächen kann man die Verbundenheit in der Distanz fördern.“

Das funktioniert am besten, indem Führungskräfte einfach präsent sind und die Selbstständigkeit der Mitarbeiter fördern. Man kann sich zum Beispiel zweimal täglich zum Videochat treffen, um das Team auf dem Laufenden zu halten, Fragen zu beantworten und einfach ein bisschen zu plaudern. So fördert man in der Distanz die Verbundenheit. Mitarbeiter brauchen jetzt einen sehr engen Austausch untereinander und auch mit ihrer Führungskraft.

„Es ist eine schwierige Gratwanderung zwischen Austausch und Kontrolle.“

Es ist eine schwierige Gratwanderung, dass es nicht als Kontrolle aufgefasst wird. Das schafft man am besten, indem man die Mitarbeiter dazu ermutigt, von sich aus zu erzählen, woran sie gerade arbeiten. Als Führungskraft sollte man dabei mit gutem Beispiel vorangehen: „Bei mir steht diese Woche das an: … Wie siehts bei dir aus?“ – Das funktioniert sehr gut im Zwiegespräch oder im Meeting mit dem ganzen Team.

„Wir informieren uns gegenseitig. Das ist ein besonderes Zeichen der Wertschätzung!“

Der Mitarbeiter sieht dadurch: Wir informieren uns gegenseitig, damit alle über das aktuelle Geschehen im Team Bescheid wissen. Das ist ein besonderes Zeichen der Wertschätzung! Was dabei nicht vernachlässigt werden darf, ist der Pausentratsch, auch wenn man im Homeoffice ist. Auch hier kann man sich Termine ausmachen, wann man sich zur Videokonferenz trifft, um, wie im Büro in der Kaffee- oder Teeküche, einfach über Privates zu plaudern.

Sollen Führungskräfte bei diesen privaten Terminen dabei sein oder lieber nicht?

Manuela Wenger: Ich finde es wichtig, dass man mit seinen Mitarbeitern auf Augenhöhe kommuniziert. Dementsprechend finde ich es wichtig, dass man sich auch für die private Seite interessiert und gleichzeitig sich auch als Privatperson zeigt. Gerade jetzt im Homeoffice kann man wunderbare Einblicke geben in das Privatleben, den Mitarbeitern vielleicht beim Videocall den Garten zeigen. Oder einfach nur über die aktuelle Situation plaudern: Wie geht man damit um, dass man die Familie nicht mehr treffen darf, was erlebt man beim Einkaufen, gibts vielleicht sogar Corona-Fälle im Umkreis? Das fördert den Zusammenhalt enorm.

Was unterscheidet Wertschätzung in dieser Krise von Wertschätzung in unserem vorherigen Alltag?

Manuela Wenger: Ich glaube, wir entdecken durch die Krise Wertschätzung neu und merken, wie wichtig sie ist. So schrecklich ich diese Situation finde, ich denke aber, sie kann auch Positives bewirken: dankbar zu sein für die Unterstützung, die wir von anderen bekommen. Ich denke, dass Wertschätzung dadurch einen ganz neuen gesellschaftlichen Stellenwert bekommt.

Bildnachweis: shutterstock/Rido; Christa Schirl; Manuela Wenger (Thomas Smetana)


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