
Pflegeurlaub in Österreich: Anspruch, Dauer und Regelungen
Wer kümmert sich um deine Liebsten, wenn sie plötzlich erkranken? Oft bist du selbst die beste Option. Gut zu wissen: Damit du in solchen Situationen nicht zwischen Job und Familie entscheiden musst, hast du in Österreich Anspruch auf Pflegeurlaub, genauer gesagt auf eine bezahlte Pflegefreistellung. Dies hilft dir, akute Pflegesituationen in der Familie mit dem Berufsleben zu vereinbaren, ohne finanzielle Nachteile oder rechtliche Unsicherheit.
👉 In diesem Artikel erfährst du:
- Wer Anspruch auf Pflegefreistellung hat
- Wie lange dir Pflegeurlaub zusteht
- Welche Angehörigen du damit unterstützen kannst
- Welche Sonderregelungen es gibt: von Kinderbetreuung bis Pflege im Ausland
Was ist Pflegefreistellung und was ist der Unterschied zum Urlaub? #
❗ Wichtig
Die Pflegefreistellung ist gedacht für kurzfristige, unvorhergesehene Pflegefälle. Wenn du längerfristig betreuen musst, kommt eher eine Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit infrage (dazu weiter unten mehr).
Die sogenannte Pflegefreistellung ist kein „Urlaub“ im klassischen Sinn, sondern eine bezahlte Dienstverhinderung aus persönlichen Gründen. Oder um genau zu sein: eine Dienstverhinderung zur Pflege erkrankter naher Angehöriger. Geregelt ist sie im österreichischen Urlaubsgesetz (§ 16 UrlG).
Das bedeutet für dich:
- Du darfst für die Pflege zu Hause bleiben und das bei vollem Gehalt.
- Die Pflegefreistellung ist kein freiwilliges Entgegenkommen deines Arbeitgebers, sondern ein gesetzlicher Anspruch.
- Du benötigst keine Vorlaufzeit oder Genehmigung, sondern eine akute Situation reicht aus.
Wer darf Pflegefreistellung in Anspruch nehmen? #
💡 Tipp
Wenn du im öffentlichen Dienst arbeitest, gelten möglicherweise abweichende Regelungen (unter anderem gelten im Dienstrecht in Niederösterreich erweiterte Ansprüche). Frag im Zweifel bei deiner Personalstelle nach.
Der Anspruch auf Pflegefreistellung – also Pflegeurlaub in Österreich – gilt für alle Arbeitnehmer*innen mit einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis. Dabei spielt es keine Rolle, ob du Vollzeit, Teilzeit oder geringfügig beschäftigt bist.
- Du hast ab dem ersten Arbeitstag Anspruch und das auch während der Probezeit.
- Das Recht gilt unabhängig vom Kollektivvertrag oder der Betriebsgröße.
- Auch Lehrlinge haben Anspruch auf Pflegefreistellung.
Für wen darfst du Pflegeurlaub in Österreich nehmen? #
Pflegefreistellung kannst du nicht beliebig nutzen, sondern sie gilt für klar definierte Personengruppen. Entscheidend ist, wer als „nahe*r Angehörige*r“ gilt oder mit dir im gemeinsamen Haushalt lebt.
Pflegefreistellung möglich? | Besonderheit | |
Eigene Kinder (auch Adoptiv-/Pflegekinder) | ✅ | Auch bei getrenntem Wohnsitz |
Kinder von Partner*in | ✅ | Nur im gemeinsamen Haushalt |
Ehepartner*in / eingetragene Partner*in / Lebensgefährt*in | ✅ | Nachweis gemeinsamer Wohnung nicht notwendig |
Eltern, Großeltern, Enkelkinder | ✅ | Bei „rechtlicher Verwandtschaft“ (also z. B. die Großeltern der Partner*in fallen nicht darunter) |
Geschwister, Schwiegereltern | ⚠️ | Nur bei gemeinsamem Haushalt oder Sonderregelung |
📌 Hinweis: Wenn du eine Person pflegen möchtest, die nicht zu deinen nahen Angehörigen zählt (wie Cousin*e, Freund*in), ist Pflegefreistellung nur möglich, wenn ihr im gemeinsamen Haushalt lebt.
Wie lange steht dir Pflegeurlaub zu? #
Die Dauer deiner Pflegefreistellung richtet sich nach deiner vereinbarten Wochenarbeitszeit und ist pro Arbeitsjahr begrenzt. Dabei gelten die folgenden Regelungen:
- Du hast Anspruch auf eine Woche bezahlte Pflegefreistellung pro Jahr.
- Diese Woche entspricht deiner vertraglich vereinbarten Arbeitszeit. Beispiel: Bei 38,5 Stunden pro Woche stehen dir 38,5 Stunden Pflegefreistellung zu.
- Du kannst die Freistellung stunden-, tage- oder wochenweise konsumieren.
„Die Pflegefreistellung gilt nicht automatisch für jeden Pflegefall, sondern pro Arbeitsjahr, das bedeutet einmalig. Ausnahmen gibt es bei Kindern unter 12 Jahren.“
Sonderregelung bei Kindern unter 12 Jahren #
Wenn du ein Kind unter 12 Jahren betreuen musst, kannst du eine zweite Woche Pflegefreistellung beanspruchen und das auch im selben Jahr. Die Voraussetzungen dafür sind:
- Dein Kind wird erneut krank (es handelt sich nicht um denselben Pflegefall).
- Du hast bereits die erste Woche verbraucht.
„Diese zweite Woche gibt es nur einmal pro Arbeitsjahr, nicht pro Kind.“
Welche Voraussetzungen gelten für die Inanspruchnahme? #
Damit du die Pflegefreistellung nutzen kannst, müssen bestimmte Bedingungen erfüllt sein, denn sie ist schließlich für unvorhergesehene, akute Pflegesituationen gedacht.
Du darfst Pflegefreistellung nutzen, wenn:
- Ein naher Angehörige*r akut pflegebedürftig ist, unter anderem wegen Krankheit oder Unfall.
- Niemand anders im Haushalt die Pflege übernehmen kann.
- Es sich nicht um reine Kinderbetreuung wie bei Quarantäne handelt (dafür gibt’s die Sonderbetreuungszeit).
Diese Nachweise musst du für den Pflegeurlaub in Österreich erbringen:
- Du musst deinem Arbeitgeber die Situation sofort mitteilen.
- Ein ärztliches Attest ist nur auf Verlangen nötig und nicht automatisch Pflicht.
- Die Kosten für das Attest trägt der Arbeitgeber.
❗ Achtung: Wenn sich herausstellt, dass die Pflegefreistellung missbräuchlich genutzt wurde (beispielsweise bei vorgetäuschter Krankheit), kann das arbeitsrechtliche Konsequenzen haben, bis zur fristlosen Kündigung.
👉 Du bist selbst krank, aber unsicher, ob du trotzdem arbeiten solltest? Wann ein Krankenstand sinnvoll oder notwendig ist, erfährst du hier:
Sonderfälle und Alternativen zur Pflegefreistellung #
Nicht jede Pflegesituation lässt sich mit einer Woche Pflegefreistellung lösen. Für bestimmte Fälle gibt es in Österreich weitere gesetzlich geregelte Möglichkeiten, um Beruf und Pflege zu vereinbaren.
Sonderbetreuungszeit #
Wenn dein Kind nicht krank ist, aber vielleicht in Quarantäne geschickt wird und keine Betreuungsperson verfügbar ist, greift nicht die Pflegefreistellung, sondern die Sonderbetreuungszeit. Diese Zeit kann zusätzlich zur Pflegefreistellung genutzt werden, aber sie ist eigenständig geregelt.
Ein Anspruch besteht, wenn:
- Schulen, Kindergärten oder Betreuungseinrichtungen geschlossen sind
- Die Betreuungsperson unerwartet ausfällt
Pflegekarenz und Pflegeteilzeit (gemäß AVRAG) #
Wenn die Pflege über einen längeren Zeitraum nötig ist, kannst du:
- Pflegekarenz (vollständige Freistellung) oder
- Pflegeteilzeit (Reduktion der Arbeitszeit) vereinbaren
Ein Rechtsanspruch besteht für Betriebe ab 5 Mitarbeiter*innen sowie für bis zu 2 Wochen und sofern dein Arbeitgeber zustimmt, auch bis zu 3 Monate. Für diese Zeit kannst du Pflegekarenzgeld beim Sozialministeriumservice beantragen.
Urlaubspflege / Kurzzeitpflege für pflegende Angehörige #
Wenn du selbst pflegst und einmal Pause benötigst, kann die pflegebedürftige Person zeitweise in einer Einrichtung betreut werden. Möglich sind dabei:
- Bis zu 6 Wochen pro Jahr (mancherorts 90 Tage)
- Betreuung in Pflegeheimen oder durch Ersatzpflegepersonen
Diese Entlastung ist besonders relevant, wenn du selbst den Krankenstand einreichen musst oder erschöpft bist.
Pflege von Angehörigen im Ausland #
📌 Hinweis
Für Pflegekarenzgeld gelten teils striktere Nachweispflichten, hier lohnt sich eine Rückfrage beim Sozialministeriumservice.
Wenn dein Angehörige*r im EU-/EWR-Raum oder in der Schweiz lebt, ist eine Pflegefreistellung ebenfalls möglich, aber nur unter den folgenden Voraussetzungen:
- Die gepflegte Person bezieht Leistungen nach vergleichbarem Pflegestufenmodell.
- Du kannst glaubhaft machen, dass du die Pflege tatsächlich übernimmst.
Wie beantragst du Pflegefreistellung richtig? #
Pflegefreistellung ist dein gesetzliches Recht, und du musst sie nicht beantragen, sondern nur rechtzeitig mitteilen. So gehst du vor:
- Informiere deinen Arbeitgeber sofort, sobald du erfährst, dass eine akute Pflegesituation vorliegt. Am besten schriftlich, eine E-Mail ist ausreichend.
- Kein Genehmigungsverfahren notwendig, das bedeutet, du musst keine Zustimmung abwarten.
- Ein Attest brauchst du nur, wenn dein Arbeitgeber es verlangt. In dem Fall muss das Unternehmen die Kosten dafür übernehmen.
📌 Hinweis: Solange du die Voraussetzungen erfüllst und korrekt kommunizierst, kann dir die Pflegefreistellung nicht verweigert werden.
FAQs: Häufige Fragen zur Pflegefreistellung #
👉 Was passiert, wenn ich mehrere Kinder habe?
Auch wenn du mehrere Kinder unter 12 Jahren hast, gilt: Du hast pro Arbeitsjahr nur einmal Anspruch auf eine zweite Woche Pflegefreistellung und nicht pro Kind. Entscheidend ist, ob dein Kind erneut und unabhängig erkrankt.
👉 Darf ich Pflegefreistellung nehmen, wenn mein Kind nicht krank ist, aber niemand es betreuen kann?
Nein, das ist kein Fall für Pflegefreistellung. Wenn dein Kind gesund ist, aber beispielsweise die Schule schließt oder die Tagesmutter ausfällt, kannst du unter gewissen Voraussetzungen Sonderbetreuungszeit nutzen.
👉 Was, wenn ich bereits meinen Urlaub aufgebraucht habe?
Pflegefreistellung ist vom regulären Urlaub unabhängig. Ist auch diese aufgebraucht, kannst du versuchen, mit deinem Arbeitgeber einen unbezahlten Urlaub zu vereinbaren oder Pflegekarenz zu beantragen.
👉 Kann ich auch Pflegefreistellung für Angehörige im Ausland nehmen?
Ja, unter bestimmten Bedingungen, etwa wenn dein Angehörige*r im EU-/EWR-Raum oder der Schweiz lebt und vergleichbare Pflegeleistungen bezieht. Für Pflegekarenz gelten hier teils strenge Nachweispflichten.
Fazit: Du hast ein Recht auf Pflegefreistellung #
Pflegefreistellung oder Pflegeurlaub ist in Österreich kein Bonus oder Gefallen, sondern ein gesetzlich verankertes Recht. Wenn du kurzfristig Angehörige pflegen musst, bist du rechtlich abgesichert. Wichtig ist, dass du deine Situation klar kommunizierst und dich über Möglichkeiten wie Pflegekarenz, Sonderbetreuungszeit oder Urlaubspflege informierst.
„Ob Kind, Partner*in oder Eltern, du musst in Akutsituationen nicht zwischen Familie und Arbeit wählen. Der Pflegeurlaub in Österreich schützt dich in genau diesen Momenten.“