Da es zahlreiche Gründe privater oder anderer Natur gibt, die Arbeitnehmer*innen an der Arbeitsleistung hindern können, ist es wichtig zu wissen, für welche es unter bestimmten Voraussetzungen einen Entgelt(fortzahlungs)anspruch gibt.

Rechtsgrundlagen

Für Angestellte ist bei kurzen Dienstverhinderungen meist § 8 Abs. 3 des Angestelltengesetzes und in Ergänzung dazu der jeweilige Kollektivvertrag die maßgebliche Rechtsgrundlage. Für die Frage der Pflegefreistellung ist § 16 Urlaubsgesetz einschlägig.

Wichtige Gründe

§ 8 Abs. 3 des Angestelltengesetzes bestimmt, dass der Angestellte den Anspruch auf das Entgelt behält, wenn er durch andere, wichtige, seine Person betreffende Gründe ohne sein Verschulden während einer verhältnismäßig kurzen Zeit an der Leistung seiner Dienste verhindert wird. Da sowohl der persönliche Grund als auch die Dauer nur sehr allgemein bestimmt werden, nutzen vielfach die Kollektivverträge die Möglichkeit, konkrete Gründe sowie die Dauer der bezahlten Freizeit genau zu bestimmen. In den meisten Fällen geht es um Todesfälle im Familienbereich, Hochzeit, Geburt, Wohnungswechsel, Behördengänge und Arztbesuche. Je nach Anlassfall sehen der Großteil der Kollektivverträge zwischen 1 und 3 Tagen vor. Da auch verschiedene Kollektivverträge für denselben Anlassfall eine unterschiedliche Anzahl von Tagen vorschreiben, ist es besonders wichtig, nach dem richtigen Kollektivvertrag zu fragen.

Geltendmachung des wichtigen Grundes

Ist für die Arbeitnehmer*in der Verhinderungsgrund vorhersehbar, so sollte er dies möglichst bald dem Arbeitgeber bekanntgeben, damit dieser rechtzeitig disponieren kann. Der Arbeitgeber kann auch einen Nachweis verlangen, aus dem sich die Dienstverhinderung ergibt, z. B. Bestätigung über den Arztbesuch.

Sonstige Dienstverhinderungen

Führen Umstände auf Arbeitgeberseite zu einem Arbeitsausfall, obwohl die Arbeitnehmer*in zur Arbeitsleistung bereit war, so behält die Arbeitnehmer*in den Entgeltanspruch. Solche Gründe können sein: geringere Kundenauslastung, Nichtlieferung von Rohstoffen, Betriebsschließung wegen Renovierungsarbeiten, Schließung der Ordination wegen Kongressbesuchs des Arbeitgebers etc. Zu beachten ist aber auch hier der jeweils anzuwendende Kollektivvertrag, da dieser Anspruch auf Entgeltfortzahlung veränderbar, ja sogar verkürzbar ist.

Pflegefreistellung

  • Für die Pflege eines im gemeinsamen Haushalt lebenden erkrankten (pflegebedürftigen) nahen Angehörigen kann man eine Pflegefreistellung in Anspruch nehmen. Nahe Angehörige sind Ehegatt*innen und Lebensgefährt*innen, Eltern, Großeltern, Urgroßeltern, Kinder, Enkel, Urenkel, Adoptiv- und Pflegekinder. Bei leiblichen Kindern, Adoptiv- und Pflegekindern ist kein gemeinsamer Haushalt mehr verpflichtend.

  • Eine Pflegefreistellung kann man auch dann verlangen, wenn man wegen der notwendigen Betreuung seines gesunden Kindes an der Arbeitsleistung verhindert ist, weil die Person, die das Kind ständig betreut, aus schwerwiegenden Gründen (das sind z. B.: Tod, Aufenthalt in einer Heil- und Pflegeanstalt, …) ausgefallen ist. Hier ist kein gemeinsamer Haushalt mit dem Kind erforderlich.

  • Es ist auch dann eine Pflegefreistellung möglich, wenn ein erkranktes Kind (Adoptiv- oder Pflegekind) oder ein im gemeinsamen Haushalt lebendes leibliches Kind des anderen Ehegatten, des eingetragenen Partners oder Lebensgefährten bei einem stationären Aufenthalt in einer Heil- und Pflegeanstalt begleitet wird, sofern das Kind das zehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat.

  • Zu beachten ist jedoch, dass es für diese drei Formen der Pflegefreistellung insgesamt nur einen Anspruch auf 1 Woche pro Arbeitsjahr gibt.

  • Das Entgelt wird während der Pflegefreistellung vom Arbeitgeber in voller Höhe weiterbezahlt.

  • Über diesen Grundanspruch von 1 Woche pro Arbeitsjahr gibt es eine zusätzliche Pflegefreistellungswoche innerhalb eines Arbeitsjahres, wenn ein im gemeinsamen Haushalt lebendes Kind, welches das 12. Lebensjahr noch nicht überschritten hat, neuerlich pflegebedürftig krank ist.

  • Die Arbeitnehmer*in muss den Arbeitgeber unverzüglich über die erforderliche Pflegefreistellung informieren. Verlangt der Arbeitgeber z. B. eine ärztliche Bestätigung als Nachweis, dann hat er*sie auch dafür anfallende Kosten zu tragen.

Familienhospizkarenz

  • Mithilfe der sogenannten Familienhospizkarenz können Arbeitnehmer*innen sich für die Begleitung sterbender Angehöriger oder schwersterkrankter Kinder bei aufrechtem Arbeitsverhältnis vorübergehend karenzieren lassen, die Arbeitszeit verkürzen oder die Lage der Arbeitszeit ändern.

  • Die Sterbebegleitung kann für nahe Angehörige in Anspruch genommen werden. Als nahe Angehörige gelten Ehegatt*innen, Lebensgefährt*innen, Kinder, Wahl- oder Pflegekinder, (Ur-)Enkel, Eltern und (Ur-)Großeltern, Geschwister, Schwiegereltern und Schwiegerkinder, Wahl- und Pflegeeltern, leibliche Kinder des Ehegatten bzw. Lebensgefährt*innen. Es muss kein gemeinsamer Haushalt gegeben sein.

  • Die Familienhospizkarenz in Form der Begleitung schwerst erkrankter Kinder, Wahl- und Pflegekinder sowie leiblicher Kinder der anderen Ehegatt*in oder Lebensgefährt*in kann jedoch nur in Anspruch genommen werden, wenn das Kind im gemeinsamen Haushalt lebt.

  • Die Arbeitnehmer*in muss schriftlich vom Arbeitgeber verlangen, welche Form der Familienhospizkarenz er wählt und wie lange diese Maßnahme voraussichtlich dauern soll. Dabei muss auch der Grund und das Verwandtschaftsverhältnis angegeben werden.

  • Die beantragte Maßnahme beginnt frühestens 5 Arbeitstage, nachdem der Arbeitgeber das Schreiben erhalten hat.

  • Die verlangte Maßnahme wird wirksam, außer der Arbeitgeber erhebt beim zuständigen Arbeits- und Sozialgericht binnen 5 Arbeitstagen ab Zugang des Schreibens Klage gegen die Inanspruchnahme der Maßnahme.

  • Auch bei zeitgerechter Einleitung des Verfahrens beim Arbeits- und Sozialgericht haben die Arbeitnehmer*innen das Recht, die verlangte Maßnahme anzutreten. Nur wenn das Gericht die Maßnahme durch einstweilige Verfügung untersagt, dürfen die Arbeitnehmer*innen die Maßnahme nicht in Anspruch nehmen.

  • Familienhospizkarenz in Form der Sterbebegleitung naher Angehöriger kann bis zu einer Dauer von 3 Monaten in Anspruch genommen werden. Eine einmalige Verlängerung auf bis zu 6 Monate (insgesamt) pro Anlassfall ist möglich.

  • Die Begleitung schwersterkrankter Kinder kann bis zu 5 Monate lang in Anspruch genommen werden und auf maximal 9 Monate verlängert werden.

  • Die Maßnahmen der Familienhospizkarenz enden mit der bekannt gegebenen Dauer oder nach Ablauf der Verlängerung. Der Wegfall der Sterbebegleitung oder der Betreuung von schwersterkrankten Kindern (z. B. weil das Kind wieder gesund wird) ist dem Arbeitgeber unverzüglich bekannt zu geben.

  • Arbeitnehmer*innen können nach 2 Wochen ab Wegfall der Sterbebegleitung die vorzeitige Rückkehr zur vorherigen Arbeitszeit verlangen. Auch der Arbeitgeber kann bei Wegfall der Sterbebegleitung die vorzeitige Rückkehr der Arbeitnehmer*in verlangen, sofern nicht berechtigte Interessen des Arbeitnehmers dem entgegenstehen.

  • Die Arbeitnehmer*in kann ab Bekanntgabe bis zum Ablauf von 4 Wochen nach Ende der Familienhospizkarenz nur mit Zustimmung des Arbeits- und Sozialgerichtes rechtswirksam gekündigt oder entlassen werden.

  • Die Urlaubsansprüche, die noch nicht verbraucht wurden, werden bei einer vollen Karenzierung entsprechend der Dauer des Arbeitsjahres aliquotiert. Die Sonderzahlungen (Urlaubs- und Weihnachtsremuneration) werden ebenfalls aliquotiert.

  • Eine Abfertigung nach altem Abfertigungsrecht wird auf Basis der früheren Arbeitszeit des Arbeitnehmers berechnet. Bei Abfertigung neu werden im Falle einer Teilzeitbeschäftigung die Beiträge vom Arbeitgeber auf Basis des bisherigen Beschäftigungsausmaßes einbezahlt. Im Falle einer Karenzierung sind Beiträge im Ausmaß von 1,53% des Kinderbetreuungsgeldes vom Bund zu bezahlen.

  • Arbeitnehmer*innen, die Maßnahmen der Familienhospizkarenz, vor allem volle Karenzierungen, in Anspruch nehmen, sind kranken- und pensionsversichert.

  • In der Krankenversicherung bestehen für die Dauer der Familienhospizkarenz jedoch nur Ansprüche auf Sachleistungen (Krankenbehandlung, Medikamente).

  • Es kann seit 1.1.2014 Anspruch auf ein Pflegekarenzgeld beim Sozialministeriumsservice geltend gemacht werden. Es können diese Personen weiterhin, bei Vorliegen der bereits bisher bestehenden Voraussetzungen, einen Zuschuss des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend aus dem Familienhospizkarenz-Härteausgleich bekommen.

Stand: Mai 2018

Autor: Mag. Dr. Klaus Mayr LL.M. ist Referent in der Kammer für Arbeiter und Angestellte OÖ (Abt. Kompetenzzentrum Betriebliche Interessenvertretung), Mitglied der Selbstverwaltung der OÖ GKK, Lektor der Universitäten Linz & Wien, Fachkundiger Laienrichter beim OGH.