
Rot vor Zorn, grün vor Neid: Über den Umgang mit Emotionen im Job
Was tun, wenn die Wut hochkocht oder sich Neid breitmacht? Den richtigen Mittelweg zwischen dem Zeigen von Gefühlen und dem Unterdrücken von Emotionen zu finden ist nicht immer einfach. Psychologin Christa Schirl über den Umgang mit Emotionen im Berufsalltag und warum es nicht angebracht ist, im Job auf die Tränendrüse zu drücken.
Emotionen nicht unterdrücken, aber angemessen kontrollieren #
Zorn, Neid oder Frust, vor diesen Emotionen ist auch im Arbeitsalltag keiner gefeit. "Grundsätzlich haben alle unsere Emotionen eine Berechtigung, es kommt aber darauf an, wie wir sie zeigen", weiß Psychologin Christa Schirl. Was die eigenen Gefühle angeht, sollte man die immer einer Kontrolle unterziehen, denn: "Nicht jedes Gefühl entspricht auch der Wahrheit und oft basieren Konflikte auf Missverständnissen. Emotionen müssen deshalb immer im Sinne des Kontextes geprüft werden", sagt Schirl und rät dazu, den Wahrheitsgehalt der Emotion zu prüfen - bevor man sich über Kolleg*innen, Kunden oder die Führungskraft ärgert.
Wie sieht eine sinnvolle, konstruktive Äußerung aus? #
"Wenn man ein Gefühl spürt, ist ein konstruktiver, zielführender Umgang damit am wichtigsten", so die Psychologin. Wer seine Wut vorschnell bei Kolleg*innen ablädt, erreicht damit nicht viel. "Zu einer Kolleg*in zu sagen 'Warum hast du das schon wieder vergessen?' ist ein Ausdruck des Zorns, der aber überhaupt nicht das gewünscht Ergebnis bringt. Wichtiger wäre zu sagen: Ich benötige die Daten bis zum 15., was müssen wir tun, damit es bis dahin auf meinem Schreibtisch liegt?"
„Ich bin momentan nicht in der Verfassung, darüber zu sprechen. Reden wir doch morgen weiter.“
Selbstkontrolle ist für jene, die schnell aufbrausen, besonders wichtig. "Für diese Personen ist es besonders wichtig zu spüren, dass sie zornig werden und dann einen Seperator zu setzen", erklärt Schirl. Das kann z.B. eine Unterbrechung im Meeting sein oder das Vertagen "heißer Themen". Denn nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird.
Negative Gefühle in konstruktive Handlungen verwandeln #
Neben Wut und Zorn begegnen uns im Job noch viele andere Emotionen, z.B. Neid: Das Gras ist drüben immer grüner, die Chef*in fährt ein besseres Auto und die Kolleg*in wird bereits nach kurzer Zeit befördert. Der andere hat etwas, das ich auch gerne hätte. Beim Thema Neid kann man den Spieß auch umdrehen, das Gefühl in sinnvolle Konkurrenz umwandeln und es für sein persönliches Weiterkommen nutzen, indem man sich fragt: Was hat der andere getan und was muss ich tun, um es ebenfalls zu erreichen? Laut Schirl ist auch hier konstruktiver Umgang mit der Emotion gefragt: "Was ist der Preis für das Gewünschte? Vielleicht bin ich gar nicht bereit, jeden Tag von 8 bis 20 Uhr für das zu arbeiten, was der andere erreicht hat." Gezieltes Hinterfragen der Emotionen bringen einen auch hier wieder auf den Punkt, laut Schirl gilt: "Wer erfolgreich sein möchte, benötigt einen reflektierten Umgang mit Emotionen."
"Opferrolle kann eine Teamdynamik auslösen, die nicht mehr zu stoppen ist." #
Genauso wenig wie ein Wutausbruch sind auch Heulkrämpfe nicht angebracht. "Auf Tränen reagieren wir Menschen mit dem Anbieten von Schutz. Es kommt aber leider auch vor, dass Tränen genutzt werden, um sich in die Opferrollen zu bringen. Man nimmt an, dass der weinenden Person etwas Gemeines passiert ist. Hier braucht es oft viel Selbstreflektion um zu erkennen, dass es auch Tränen gibt, die für die betroffene Person vielleicht nachvollziehbar sind, aber im beruflichen Kontext nichts zu suchen haben. Manche Tränen würde ich sogar als manipulativ bezeichnen – auch wenn das eine harte These ist, aber: Der Weinende wird in Schutz genommen und plötzlich hat man den bösen Täter. Und diese Opferrolle kann eine Teamdynamik auslösen, die dann nicht mehr zu stoppen ist", sagt die Psychologin.