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Active Sourcing und Direktansprache: Acht Fehler, die Bewerbende abschrecken

Bewerbung Aktualisiert am: 13. Februar 2023 5 Min.

"Lust auf einen Job bei uns?" Ganz so einfach funktioniert die direkte Ansprache von Bewerber*innen in der Regel nicht. Gründliche Recherche im Vorfeld und die richtige Ansprache des Wunschkandidat*innen machen sich aber bezahlt. Wer aktiv nach passenden Talenten sucht und sie kontaktiert, erhöht seine Chancen, die passende Mitarbeiter*in für die vakante Stelle zu finden. Welche Dinge man bei der Direktansprache beachten oder vermeiden muss, erzählt HR-Expertin Christina Wurm im Interview.

Active Sourcing als Recruitingtool #

Die Zeiten, in denen sich Personalist*innen nach Ausschreibung einer Stelle nur zurücklehnen mussten, weil genügend gute Bewerbungen eintrafen, sind vorbei. Möchte man eine offene Stelle best- und vor allem schnellstmöglich besetzen, kommt man um die aktive Suche nach Talenten oft nicht herum. Vor allem gesuchte Fachkräfte oder Top-Führungskräfte suchen nicht immer aktiv nach einer neuen Herausforderung, sondern lassen sich gerne umgarnen und abwerben. Aber auch abseits der Top-Manager*innen gibt es einen großen Pool an aussichtsreichen Kandidat*innen, die man ohne Direktansprache nicht erreichen kann: Laut aktueller karriere.at-Studie ist jede*r dritte Berufstätige bereit für einen Jobwechsel.

Direktansprache: Diskret, individuell, informativ #

Gutes Active Sourcing findet diese wechselwilligen Kandidat*innen - über persönliche Netzwerke, Talentdatenbanken, Professional Blogs oder über Social Media Kanäle. Richtig durchgeführte Direktansprache sorgt dafür, beim Gegenüber Interesse am Unternehmen und der vakanten Stelle zu wecken. Wir haben uns mit HR-Expertin Christina Wurm darüber unterhalten, wie man Kandidat*innen richtig anspricht und was es beim aktiven Rekrutieren von Spitzenkräften zu beachten gibt.

Zwischen zu vielen Angaben und dürftiger Information: Wie konkret darf bzw. soll die Direktansprache beim Erstkontakt sein?

Wurm: Kontaktiere ich eine Kandidat*in per Direktansprache in Sozialen Netzwerken, dann halte ich die Nachricht zu Beginn sehr kurz, aber individuell. Ich versuche, mich in die Person hinein zu versetzen: Welche Informationen sind für sie wichtig und könnten sein Interesse an der spezifischen Position wecken? Auch erwähne ich, was mich motiviert hat, gerade sie zu kontaktieren. Dazu bedarf es natürlich entsprechender Recherche im Vorfeld. Wichtig ist es, keine Romane zu schreiben, sondern rasch auf den Punkt zu kommen - ein paar Zeilen genügen! Zeigt die Kandidat*in Interesse, dann kann man näher ins Detail gehen und z.B. bereits eine Stellenbeschreibung schicken oder die Position in einem Telefonat näher vorstellen. Oder man fragt bereits im Erstkontakt, ob sie*er bereit wäre, sich für ein unverbindliches Gespräch zu treffen. Meine Kunden nenne ich in diesen Erstgesprächen normalerweise nie - außer der Kunde wünscht dies. Das gleiche gilt für die Direktansprache von Kandidat*innen in der Talentdatenbank bzw. im persönlichen Netzwerk.

„Spitzenkräfte wissen, wie gefragt sie sind.“

Christina Wurm
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Gibt es beim Recruiting von Spitzenkräften etwas Spezielles zu beachten?

Wurm: Direktansprache und Active Sourcing spielen besonders bei der Rekrutierung von Spitzenkräften eine große Rolle. Viele erwarten von Unternehmen, auf offene Stellen angesprochen zu werden. Sie wissen, wie gefragt sie sind und stellen daher auch entsprechende Erwartungen an das Unternehmen. Bei diesen Leuten muss man schon überzeugende Argumente liefern, um sie zu einem Wechsel ins eigene Unternehmen zu bewegen. Denn meistens stellen sich bereits mehrere Firmen an und die Kandidat*innen können aus mehreren Angeboten auswählen. Insbesondere hier ist bereits im Vorfeld entsprechendes Active Sourcing und Employer Branding gefragt.

Das sind die absoluten No-Gos in der Direktansprache #

  • Mangelnde Vorbereitung und Recherche
    Es ist unerlässlich, sowohl Position als auch Wunschkandidat*in gut zu kennen. Nur wenn man genau über das Talent recherchiert hat, kann man sie*ihn mit überzeugenden Argumenten ansprechen und das erste Anschreiben entsprechend individuell formulieren, z.B. auf eine Station im Lebenslauf verweisen. Auch sollte man die zu vergebende Stelle gut kennen, denn die Kandidat*in ist nur so gut, wie er sich auch für die offene Position eignet. Außerdem haben gerade gefragte Fach- und Spitzenkräfte ganz genaue Vorstellungen darüber, wie ihr zukünftiger Arbeitsplatz auszusehen hat. Daher sollte man möglichst genau über den vakanten Job, Tätigkeiten, Vorgesetzten, Aufstiegschancen, Unternehmenskultur etc. Bescheid wissen.
  • "Copy and Paste"-Nachrichten
    Keine unpersönlichen Nachrichten verschicken! Die Kandidat*in sollte möglichst individuell angesprochen werden.
  • Lange Romane
    Insbesondere Personen, die häufig von Recruiter*innen angeschrieben werden, können auf so etwas verständlicherweise genervt reagieren. Man sollte in ganz wenigen Sätzen auf den Punkt kommen.
  • Übertriebenes Schönreden von Stelle und Kandidat*innen
    Authentisch und transparent kommunizieren und bei der Wahrheit bleiben, es lohnt sich. Sonst verliert man seine Glaubwürdigkeit - und man trifft sich immer zweimal im Leben.
  • Überhebliches Auftreten
  • Das ist ohnehin immer ein No-Go. Die Zeiten, in denen qualifizierte Bewerber*innen sich um Jobs angestellt haben, sind vorbei. Man sollte daher mit Bewerbenden immer auf Augenhöhe und freundlich kommunizieren.
  • Indiskret agieren
    Diskretion sollte im Recruiting sowieso eine Selbstverständlichkeit sein.
  • Einfach anrufen
    Die Kandidat*in telefonisch kontaktieren, ohne Rücksicht darauf, ob sie*er gerade frei sprechen kann - ebenfalls ein No-Go.
  • Übermäßiges Drängen von Kandidat*innen
    Man sollte angeschriebenen Personen genügend Bedenkzeit einräumen. Jobentscheidungen sind nicht immer leicht und klappt's dieses Mal nicht, dann vielleicht beim nächsten Mal

Ihre persönliche Einschätzung: Denken Sie, Active Sourcing wird im Recruiting weiterhin an Bedeutung gewinnen?

Wurm: Die Direktansprache ist im Recruiting schon jetzt nicht mehr wegzudenken. Die Zeiten, in denen man eine Stelle einfach ausschreiben und abwarten konnte, sind vorbei. Und das nicht nur bei Spitzenkräften, sondern auch bei Positionen, bei denen man früher noch hunderte Bewerbungen erhalten hat. Gefragte Profile müssen sich nicht mehr bewerben, sondern können aus mehreren Angeboten auswählen. Heute müssen Recruiter*innen daher nicht nur fit im Personalwesen, sondern auch im Vertrieb und Marketing sein. Denn schließlich gilt es, sowohl das Unternehmen als auch die Position in bestem Licht zu präsentieren, zu vermarkten und zu verkaufen.

Active Sourcing: Kostenloses Whitepaper #

Mehr erfahren über gelungene Direktansprache? Wir haben alle wichtigen Informationen und Tipps für die HR-Praxis in einem kostenlosen Whitepaper zum Thema Active Sourcing zusammengefasst.

Ein weiteres Whitepaper beschreibt die Vorteile des Mobile Recruiting.

Zur Person #

Christina Wurm blickt auf mehr als 13 Jahre Praxiserfahrung im Personalmanagement zurück. Im Zuge ihrer Tätigkeit als Unternehmensberaterin hat sie sich neben der Personalberatung auf die Einführung von Personalentwicklungssystemen für KMUs, Bewerbungscoaching sowie Betriebliche Gesundheitsförderung spezialisiert. Mit Christina Wurm haben wir uns für das karriere.blog bereits über die Bedeutung von Exit-Gesprächen und Cultural Fit im Bewerbungsgespräch unterhalten.


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