Gehaltsangabe im Stelleninserat: Wo die Chancen und die Schwächen liegen
Gehalt
GehaltErstellt am:
30. März 2021202103308 Min.8 Min.
Seit zehn Jahren gilt die gesetzliche Pflicht zur Angabe des kollektivvertraglichen Mindestgehalts in Stelleninseraten. Wir haben uns angesehen, wie diese von Arbeitgeber*innen umgesetzt wird und sind auf Nachholbedarf gestoßen.
Transparent und vergleichbar sollten Gehälter durch die verpflichtende Angabe des kollektivvertraglichen Mindestgehalts ab 1. März 2011 werden. Bewerber*innen sollten auf einen Blick erkennen können, wie viel sie mindestens in einer Stelle verdienen würden – idealerweise mit konkreter Angabe, wie viel Überzahlung bei höherer Qualifikation möglich ist. Doch in manchen Inseraten sucht man derlei Transparenz auch zehn Jahre später immer noch vergebens. Wir wollten Klarheit und stießen dabei auf ein Problem …
Beinahe ein Drittel setzt Gehaltsangabe im Stelleninserat nicht richtig um #
Mithilfe eines eigens programmierten „Gehaltsextraktors“ werteten wir alle Stelleninserate aus, die im Vergleichszeitraum 15.2. bis 15.3. in den letzten drei Jahren auf karriere.at online waren und erhielten folgendes Ergebnis: durchschnittlich 72 Prozent der Inserate wiesen eine Gehaltsangabe auf, in rund 28 Prozent der Fälle konnte der Gehaltsextraktor keine Angabe feststellen.
„Durchschnittlich 72 Prozent der Inserate wiesen in den letzten drei Jahren eine Gehaltsangabe auf.“
Kreativ und schwammig: Probleme bei der Gehaltsangabe #
Das bedeutet aber nicht, dass sich fast ein Drittel der Arbeitgeber*innen nicht ans Gesetz hält. Oftmals werden die Gehaltsangaben jedoch so dargestellt, dass unser Programm sie nicht richtig auslesen kann, erklärt Data Science Spezialistin Christina Sachsenhofer-Feilmayr: „Der Gehaltsextraktor sucht nach bestimmten Mustern im Text, die ein Gehalt repräsentieren, sowie einem Euro-Betrag. Wenn beispielsweise nur auf Vergütung laut Kollektivvertrag hingewiesen wird, ohne eine konkrete Zahl zu nennen, fällt das Inserat in die Kategorie ‚keine Angabe‘.“ Das ist für Jobsuchende wenig hilfreich, denn es ist häufig schwierig, den richtigen Kollektivvertrag zu finden. Zudem reicht laut gesetzlicher Vorgabe ein bloßer Hinweis ohne konkreten Betrag nicht aus.
„Ein bloßer Hinweis ohne konkreten Betrag reicht nicht aus.“
Zusätzlich zum Prozentsatz der Gehaltsangabe wollten wir auch wissen, wie die Gehälter in den Inseraten angegeben werden: Als konkreter Monats- oder Jahresbruttobetrag, Gehaltsspanne oder lediglich das kollektivvertragliche Mindestgehalt? Doch das ist gar nicht so einfach. Schwammige oder kompliziert formulierte Angaben des Gehalts machen es nämlich schwer, zu erkennen, wie viel tatsächlich bezahlt wird, erklärt die Datenexpertin weiter: „Teilweise werden die Gehaltsangaben sehr kreativ formuliert, sodass sich unser Gehaltsextraktor schwertut, den angegebenen Wert in die richtige Kategorie einzuordnen. Teilweise ist es sogar für uns als Menschen schwierig zu erkennen, ob es sich beim angegebenen Wert um das kollektivvertragliche Mindestgehalt handelt oder bereits um eine Überzahlung.“
Unterschätzte Gehaltsangabe: Geld ist Jobwechsel-Grund Nummer 1 #
Fehlende oder unzureichende Gehaltsangaben im Stelleninserat sind aber kein bloßes Statistikproblem, sondern können sogar der Grund für eine Bewerbungsflaute sein. Das Gehalt ist seit Jahren unangefochten der Hauptgrund, um sich nach einem neuen Job umzusehen, das bestätigt auch unsere aktuelle Studie zum Thema "Ein Jahr Arbeiten mit der Pandemie". Filtern Jobsuchende auf karriere.at die Stelleninserate nach dem Gehalt, werden diejenigen, die keine eindeutige Angabe enthalten, nicht angezeigt. Und auch Suchmaschinen wie Google achten auf eine Gehaltsangabe in Stelleninseraten. Fehlt diese, kann es mitunter sein, dass ein Stelleninserat online nicht gut gefunden werden kann.
„Fehlt die Gehaltsangabe im Stelleninserat, kann es sein, dass es online nicht gut gefunden wird.“
Wie man das Gehalt richtig im Stelleninserat angibt, erfahren Sie in unserem Whitepaper oder kurz zusammengefasst in diesem Blogartikel:
Die Gehaltsangabe in der Stellenausschreibung ist in Österreich Pflicht. Wie diese auszusehen hat, ist nicht ganz eindeutig geregelt. Oder anders gesagt: Es gibt verschiedene Möglichkeiten. In diesem Artikel erklären wir sie anhand von vier Beispielen.
Gehaltsspanne vs. Mindestgehalt: Wie transparent die Angabe sein sollte #
Stefan Siedler, Geschäftsführer, Headhunter und
Vertriebsspezialist bei Xenagos – Personalberatung für
Vertriebspositionen, weiß, wie wichtig eine transparente Gehaltsangabe
im Stelleninserat ist. Wir haben mit ihm die Ergebnisse unserer
Auswertung besprochen und gefragt, welche Darstellung bei Bewerber*innen am besten ankommt.
Wenn Sie sich die Ergebnisse ansehen: Spiegelt das Ihre Erfahrungen wider?
Stefan Siedler: Unsere Erfahrung ist – so wie Ihre – dass nur in wenigen Fällen komplett eindeutige Gehaltsangaben gemacht werden. Also, dass selten das exakte Gehalt oder eine Spanne mit geringer Schwankungsbreite benannt wird.
Dass wir bei knapp 30 Prozent der Inserate keine Gehaltsangabe feststellen konnten, liegt unter anderem auch daran, dass die Angaben teils keine konkrete Zahl beinhalten oder sehr kreativ formuliert sind. Was könnten die Gründe dafür sein?
Stefan Siedler: Vorab möchte ich sagen, dass ich hier eine gewisse Dunkelziffer vermute. Man kann nicht sagen, dass 30 Prozent der ausgeschriebenen Stellen nicht gesetzeskonform seien. Wir hatten bei Xenagos in den ersten Jahren nach Einführung der verpflichtenden Gehaltsangaben – damals noch manuell ausgewertete – eigene Studien, mit deutlich niedrigeren Werten.
Dennoch zeigt die hohe Zahl der Inserate, bei denen keine Angabe erkennbar ist, sehr deutlich, dass Unternehmen das Thema Gehalt lieber „umschiffen“. Und das ist sehr spannend. Der Hauptgrund für mich dabei ist: Unternehmen sehen häufig eine gute Gehaltsangabe im Inserat nicht als Chance, um ihr Inserat attraktiver zu machen und so noch bessere Talente zu einer Bewerbung zu motivieren.
Mehr passende Bewerber*innen durch transparente Gehaltsangabe #
Wie bekannt ist die gesetzliche Vorgabe Ihrer Erfahrung nach bei Unternehmen – zehn Jahren nach ihrer Einführung?
Stefan Siedler: Innerhalb Österreichs, denke ich, sehr bekannt. Wenn wir ausländische Unternehmen bei der Besetzung Ihrer Fach- und Führungspositionen im Vertrieb unterstützen, müssen wir da schon häufig Aufklärungsarbeit leisten, weil sie das zumeist aus ihren Heimatländern nicht kennen.
Worüber herrscht noch Aufklärungsbedarf bei der Gehaltsangabe im Stelleninserat? Richtige Formulierung, gesetzliche Anforderungen oder überhaupt Sinnhaftigkeit?
Stefan Siedler: Eindeutig Sinnhaftigkeit. Das Inserat ist die Chance, die besten Bewerber*innen anzusprechen. In vielen Bereichen wird deutlich über Kollektivvertrag bezahlt. Wenn in so einem Umfeld ein*e Bewerber*in nur das KV-Gehalt im Inserat liest, denkt man sich vielleicht, da brauch ich mich nicht bewerben, das ist zu wenig. Und dann haben Sie als Unternehmen ein Problem, diese Bewerbung erhalten Sie nicht – auch wenn Sie am Ende vielleicht gut bezahlt hätten.
„Diese Bewerbung erhalten Sie nicht – auch wenn Sie am Ende vielleicht gut bezahlt hätten.“
Hier könnte man also auch sagen, vielleicht gäbe es noch Aufklärungsbedarf bei den Bewerber*innen, dass die Mindestangaben oft nicht „ernst“ gemeint sind.
Unserer aktuellen Studie „Ein Jahr Arbeiten mit der Pandemie“ zufolge ist das Gehalt nach wie vor der Hauptgrund für Arbeitnehmer*innen, sich eine neue Stelle zu suchen. Wie sollten Arbeitgeber*innen das Gehalt im Stelleninserat angeben, damit es für Bewerber*innen transparent und attraktiv ist?
Stefan Siedler: Wir empfehlen, die Gehaltsangabe wie das gesamte Inserat als Marketinginstrument und als Chance zu sehen, sich von anderen Angeboten abzuheben. Nutzen Sie daher die Angabe einer (nicht allzu breiten) Gehaltspanne. Damit sind Sie konkret und somit attraktiv für Bewerber*innen. Und Sie haben dennoch die Chance, unterschiedlich qualifizierten und unterschiedlich erfahrenen Personen ein differenziertes, passendes Angebot zu machen.
Der primäre Sinn und Zweck eines Stelleninserates ist klar: das Besetzen von freien Stellen. Der Kampf um die besten Bewerber*innen ist aktuell so hart wie nie zuvor und verspricht auch in Zukunft nicht einfacher zu werden. Entsprechend wichtig ist die Arbeit der Personalverantwortlichen, wenn es ums Recruiting geht. Essenziell: Der erste Kontakt zu potenziellen Mitarbeiter*innen, meist in Form der Jobausschreibung. Die Anleitung zum perfekten Online-Stelleninserat zeigt, worauf es wirklich ankommt.
Stefan Siedler ist Experte im Bereich Recruiting & Headhunting.
Seit über 15 Jahren beschäftigt er sich mit der Besetzung von Fach- und
Führungspositionen im Vertrieb und ist Geschäftsführer der
Personalberatung Xenagos.
Wenn am Ende des Geldes noch so viel Monat übrig ist, dann kann das zwei Gründe haben: Entweder, das Einkommen reicht wirklich kaum aus, oder es liegt an schlechter Finanzplanung. Wenn letzteres der Fall ist und du das Gefühl hast, dass dir dein Gehalt nur so in den Händen zerrinnt, gibts heute ein paar Tipps zum Geld sparen.
Ein transparentes Gehaltssystem ist in vielen Unternehmen nicht vorhanden, wie eine aktuelle karriere.at Online-Umfrage zeigt. Auch Unternehmensvertreter zeigen sich über die Transparenz beim Gehalt unsicher.
New Work öffnet Türen und Möglichkeiten. Jedoch können Führungskräfte und Mitarbeitende diese Chancen nur nutzen, wenn sie sich den dazugehörenden Herausforderungen aktiv stellen. Dafür wird vor allem eines benötigt: eine Prise Mut.