Wie alle anderen Lebensbereiche ist auch das Recruiting der digitalen Transformation unterworfen. Manche Expert*innen gehen sogar so weit zu behaupten, dass in zehn Jahren keine persönlichen Bewerbungsgespräche mehr stattfinden werden. Ob das nun stimmt oder das physische Zusammenkommen auch in Zukunft ausschlaggebend sein wird, sei dahingestellt. Es kann jedoch nicht schaden, sich als Recruiter*in modernen Formen des Vorstellungsgesprächs gegenüber zu öffnen und Neues auszuprobieren, um auf etwaige Probleme flexibel reagieren zu können.

Die technischen Standards der Gegenwart vereinfachen den Recruiting-Prozess in vielerlei Hinsicht. Auch die Möglichkeit, neue Mitarbeitende über Telefon- oder Videogespräche zu rekrutieren, kommt Recruiter*innen entgegen. Dadurch werden Abläufe beschleunigt und Zeit gespart sowie Kosten gesenkt.

Auch in gesellschaftlichen Extremsituationen, in denen es aufgrund von verordnetem Home Office zum Beispiel nicht möglich ist, Kandidat*innen in den Büroräumlichkeiten zu empfangen, darf die Arbeit von Personalverantwortlichen nicht stillstehen. Eine Ausweichmöglichkeit muss her.

Bewerbungsgespräche im digitalen Zeitalter

Ablauf des Bewerbungsgesprächs

Hinsichtlich des Ablaufs macht es keinen Unterschied, ob Sie Bewerbenden physisch gegenübersitzen oder via Telefon oder Video mit ihm kommunizieren.

  • Am besten beginnen Sie mit einem lockeren Einstieg, beispielsweise mit Smalltalk, um der Kandidat*in etwas von seiner Nervosität zu nehmen.

  • Danach stellen Sie alle Fragen, die für die jeweilige Stelle relevant sind. Im Idealfall haben Sie bereits im Vorhinein eine Reihe an Fragestellungen notiert, damit Sie nichts Wichtiges vergessen.

  • Nun ist es an der Zeit, das Unternehmen vorzustellen. Sprechen Sie auch über das Team, in welchem die Kandidat*in möglicherweise mitarbeiten wird.

  • Räumen Sie dem Bewerber im Anschluss genügend Zeit ein, um selbst Fragen zu stellen.

  • Abschließend erklären Sie das weitere Vorgehen. Teilen Sie Ihrer Gesprächspartner*in auch unbedingt mit, wann er mit einer Rückmeldung rechnen kann.

Das Telefoninterview

Telefoninterviews werden bereits in einigen Unternehmen praktiziert. Sie kommen beispielsweise dann zum Einsatz, wenn aus Effizienzgründen Zeit gespart werden soll oder Bewerbende einen übermäßig langen Anfahrtsweg haben. In der Regel dauern diese Gespräche zwischen 20 und 60 Minuten, ihre Gestaltung ist von den Zielen der Recruiter*in abhängig.

Geht es darum, einen ersten Eindruck von Kandidat*innen zu bekommen, reicht zunächst ein kurzes Gespräch. In diesem wird das Unternehmen vorgestellt und die ausgeschriebene Stelle umrissen. Zudem werden die Erwartungen der Kandidat*in an den Job abgefragt und Themen wie die Kündigungsfrist, Gehaltsvorstellungen sowie etwaige Perspektiven im Unternehmen besprochen. Prinzipiell geht es darum, die wichtigsten Informationen über die Kandidat*in einzuholen und abzuwägen, ob er*sie für die Stelle in Frage kommt.

Möchten Sie Ihre Gesprächspartner näher kennenlernen, kann die Dauer des Telefonats flexibel angepasst werden. In einem umfassenden Gespräch können Sie einen besseren Einblick in die Motivation der Bewerbenden gewinnen und seinen beruflichen Werdegang im Detail besprechen.

Obwohl beim Bewerbungsgespräch über das Telefon die visuelle Komponente fehlt, ist es eine gute Möglichkeit, ein Gespür für die Kandidat*in zu bekommen. Scheint dieser geeignet, kann im nächsten Schritt ein Video-Interview geführt werden, wenn ein Gespräch im Unternehmen nicht möglich ist.

Das Video-Interview

Als Recruiter*innen stehen Ihnen eine Reihe Tools zur Verfügung, mit denen Sie Bewerbungsgespräche im virtuellen Raum abhalten können. Dazu zählen beispielsweise GoTo-Meeting, WebEx, Zoom oder Skype.

Die Gestaltungsmöglichkeiten eines Video-Interviews sind zahlreich. Anders als beim Telefoninterview können Sie via Video die Kandidat*in persönlich kennenlernen. Dieses visuelle Zusammenkommen – wenn auch „nur“ digital – verleiht dem Bewerbungsgespräch eine menschlichere, emotionalere Note und schafft ein ganz andere Vertrauensbasis, als es nur über Telefon möglich wäre.

Ein weiterer Vorteil des Video-Interviews gegenüber einem Telefonat ist, dass Sie neben den klassischen Elementen eines Bewerbungsgesprächs auch ein Assessment Center durchführen können.

Lassen Sie die Bewerbenden via Screen Sharing eine Case Study absolvieren, um einen interaktiven Aspekt in das Gespräch zu bringen und die fachliche Eignung zu prüfen. Auch ein Kennenlernen des Teams ist möglich, indem sie zwei oder drei Personen über das Programm zuschalten und so ein Kennenlernen der künftigen Kolleg*innen ermöglichen.

Remote Recruiting – So bereiten Sie sich vor

Remote Working – also das Arbeiten von zu Hause aus – ist heutzutage keine Seltenheit. Remote Recruiting hingegen steckt hierzulande noch in den Kinderschuhen. Der persönliche Kontakt wird dem digitalen verständlicherweise vorgezogen. Für den Fall der Fälle macht es dennoch Sinn, vorbereitet zu sein und schnell in den digitalen Modus wechseln zu können.

Bevor es überhaupt zum Bewerbungsgespräch kommen kann, sind Sie als Recruiter*innen dafür verantwortlich, den Kandidat*innen vorab per E-Mail die wichtigsten Infos zum Termin zukommen zu lassen:

  • Bekanntgabe des verwendeten Tools und Austausch der dortigen Kontaktdaten sowie der Telefonnummern im Fall von technischen Schwierigkeiten

  • Datum und Uhrzeit des Gesprächs festlegen

  • Klärung der Frage, wer den Call tätigt (meistens Sie als Unternehmensvertreter)

Stolperfalle Technik

Damit Sie Bewerbungsgespräche erfolgreich und effizient führen können, braucht es die notwendigen technischen Rahmenbedingungen. Setzen Sie sich daher früh genug mit der verwendeten Soft- und Hardware auseinander um sicherzugehen, dass am Tag des Gesprächs keine unschönen Überraschungen auf Sie warten:

  • Software installieren und testen, testen, testen: Unabhängig davon, welches Tool für Ihr Remote Recruiting zum Einsatz kommt, sollten Sie es nach der Installation des Programms eifrig testen. Machen Sie am besten einen Testlauf mit Kolleg*innen.

  • Hardware-Check: Gehen Sie sicher, dass sowohl Mikrofron als auch Lautsprecher einwandfrei funktionieren und die integrierte Kamera ein gutes Bild liefert. Ist das nicht der Fall, investieren Sie in hochwertiges Equipment wie ein Headset oder eine Webcam.

  • Internetverbindung überprüfen: Für ein digitales Bewerbungsgespräch ist eine stabile Internetverbindung notwendig. Auch hier gibt ein Testlauf mit Kolleg*innen Aufschluss darüber, ob diese funktioniert.

Professionelles Auftreten auch im digitalen Raum

Bewerbende auf virtueller Ebene zu empfangen, ist für viele Recruiter*innen eine neue Erfahrung. Mit der richtigen Vorbereitung ist ein Bewerbungsgespräch via Video aber ganz einfach zu schaffen:

Das richtige Licht
Es ist wichtig, dass die Kandidat*in Sie gut sehen kann. Vermeiden Sie eine zu starke bzw. zu schwache Beleuchtung. Fenster im Hintergrund sollten vermieden werden, besser ist Licht von vorne. Ob der Lichteinfall passt oder nicht, können Sie mit einem kurzen Check vor Beginn des Gesprächs klären.
Störfaktoren ausschließen
Sollten Sie zum vereinbarten Zeitpunkt des Bewerbungsgesprächs im Homeoffice arbeiten und nicht alleine zu Hause sein, gilt es sicherzustellen, dass keiner der Mitbewohner*innen oder Familienmitglieder hereinplatzt. Dasselbe gilt natürlich für Kolleg*innen im Unternehmen. Auch Haustiere sollten sich nicht im gleichen Raum wie Sie aufhalten.
Angemessener Hintergrund
Während eines Video-Interviews sehen Bewerbende nicht nur Sie, sondern auch Ausschnitte aus dem Raum, in dem Sie sich befinden. Wenn Sie von zuhause aus rekrutieren und Ihnen kein separates Arbeitszimmer zur Verfügung steht, ziehen Sie sich an einen möglichst neutral aussehenden Ort zurück.
Seriöse Kleidung
Auch wenn Sie sich in Ihrem Zuhause aufhalten und im Homeoffice am liebsten den ganzen Tag in gemütlicher Kleidung verbringen würden … Ein angemessenes Outfit gehört einfach zum guten Ton. Vergessen Sie nicht, dass Sie Ihr Unternehmen nach außen hin repräsentieren.
Unterlagen griffbereit
Sämtliche Unterlagen, die Sie für das Bewerbungsgespräch benötigen, sollten Sie in Reichweite platzieren. So vermeiden Sie es, Ihren Sitzplatz während des Gesprächs verlassen zu müssen.

Die Vorteile des digitalen Recruitings

Bewerbungsgespräche remote durchzuführen, lohnt sich für alle Unternehmen, die flexibel, digital und effektiv rekrutieren möchten – und das nicht nur in Ausnahmezuständen, sondern auch im normalen Arbeitsalltag. Das Video-Interview verbindet die Vorteile der Digitalisierung mit den klassischen Anforderungen, die an den Recruiting-Prozess gestellt werden.

Gleichzeitig ergibt sich die Möglichkeit, den Suchradius für neue Mitarbeitende zu erweitern. Wer im Recruiting auf Telefon und Video setzt, kann auch international die Augen nach den besten Talenten offen halten.

8 Tipps für erfolgreiches Remote Recruiting

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