Seit Jahren ist bei Arbeitgebern die Tendenz zur Pauschalierung, insbesondere im Zusammenhang mit Mehr- und Überstunden zu erkennen. Solche Vereinbarungen sehen typischerweise für sämtliche Arbeitsleistungen ein Gesamtentgelt vor. Früher wurde meist mit Überstundenpauschalen, welche eine bestimmte Anzahl von Überstunden oder einen bestimmten Prozentsatz des Bruttomonatsgehalts als Überstundenabgeltung pauschal vereinbaren, gearbeitet. Diese haben den Vorteil für die Arbeitnehmer*in, dass er*sie sein*ihr Grundgehalt und seine*ihre Verpflichtung zu Überstunden exakt kennt. Bei All-in-Vereinbarungen kennt die Arbeitnehmer*in aber nur den Gesamtbetrag, durch den sämtliche Leistungen der Arbeitnehmer*in pauschal abgegolten sein sollen.
Im Folgenden wird anhand der bestehenden Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes dargestellt, welche Mindestanforderungen dennoch eingehalten werden müssen.
Nachforderungen der Arbeitnehmer*in trotz all-in?
Leistet eine Arbeitnehmer*in eine die Pauschale übersteigende Anzahl von Überstunden, so kann er*sie die von der Pauschale nicht gedeckten Überstunden geltend machen, da er*sie durch die Pauschalabgeltung nicht schlechter gestellt werden darf als bei Einzelabrechnung der Überstunden. Die Pauschale darf somit nicht unter jene Vergütung sinken, die für die (durchschnittlich) tatsächlich erbrachten Überstunden zuzüglich der Zuschläge zustehen würde.
Solche Vereinbarungen sind nach der Rechtsprechung solange zulässig, als dadurch nicht der kollektivvertragliche Mindestgehalt unterschritten wird. Dazu ist es erforderlich, die Differenz zwischen Ist-Bezug und kollektivvertraglichem Mindestgehalt zu ermitteln, um die davon abgedeckten Überstunden feststellen zu können. Allfällige begünstigende Teilerregelungen in Kollektivverträgen sind dabei zu beachten (z.B. im Rahmenkollektivvertrag für die Industrie beträgt der Überstundengrundlohn 1/150 des Monatsgehaltes; auf dieser Basis sind dann auch die Zuschläge zu errechnen. Eine Überstunde kostet daher in den meisten Kollektivverträgen schon ohne Zuschläge mehr als eine Normalstunde.). Darüber hinaus geleistete Überstunden müssen aber vom Arbeitgeber gesondert bezahlt werden.
Für allfällige Nachforderungen müssen kollektivvertragliche oder einzelvertragliche Verfallsbestimmungen beachtet werden. Da der OGH von einem „Überstundenpauschale“ ausgeht, beginnen diese Fristen erst nach Ablauf des Kalenderjahres, also mit 1.1. zu laufen.
Nach der Rechtsprechung des OGH können sogar über das gesetzliche Ausmaß hinaus geleistete, also illegale Überstunden, vom Pauschalentgelt abgedeckt sein.
Abschließend ist noch auf sogenannte kollektivvertragliche Fairnessklauseln hinzuweisen, die es in manchen Kollektivverträgen gibt und welche solche „All-in-Verträge“ zumindest ein wenig einschränken bzw konkretisieren.
Hinweis: Im Arbeitsprogramm der österreichischen Bundesregierung ist eine Transparenz bei All-In-Verträgen mit einer ziffernmäßigen Ausweisung des Grundlohnes vorgesehen. Widrigenfalls soll ein dem persönlichen Tätigkeitsniveau angemessener Ist-Grundlohn (einschließlich der branchen- und ortsüblichen KV-Überzahlung) gelten. Diese Novelle ist mit 1.1.2016 in Kraft
Stand: Mai 2018
Autor: Mag. Dr. Klaus Mayr LL.M. ist Referent in der Kammer für Arbeiter und Angestellte OÖ (Abt. Kompetenzzentrum Betriebliche Interessenvertretung), Mitglied der Selbstverwaltung der OÖ GKK, Lektor der Universitäten Linz & Wien, Fachkundiger Laienrichter beim OGH.