Arbeitsrecht
Frühpension: Was sollte man über Berufsunfähigkeits- bzw. Invaliditätspension wissen?

Seit 1.1.2014 muss bei dieser Frage in Geburtsjahrgänge bis 1963 und danach unterschieden werden.
Bei Geburtsjahrgängen bis 1963 hat eine Arbeitnehmer*in Anspruch auf Invaliditäts- (bei Arbeiter*innen) bzw. Berufsunfähigkeitspension (bei Angestellten), wenn gewisse Kriterien erfüllt sind:
Die Entscheidung über Invalidität/Berufsunfähigkeit wird auf Basis eines ärztlichen Gutachtens getroffen. Dabei wird die Leistungsfähigkeit der Antragsteller*in in seinem*ihrem Beruf beurteilt.
Ist auf Grund des Gesundheitszustandes eine dauernde Invalidität/Berufsunfähigkeit anzunehmen, erfolgt eine unbefristete Gewährung der Pension, sonst wird sie für maximal 2 Jahre befristet gewährt. Nach Ablauf der Befristung ist die Pension auf Antrag wiederrum für längstens zwei weitere Jahre zuzuerkennen, wenn weiterhin Invalidität/Berufsunfähigkeit besteht.
Invalidität/Berufsunfähigkeit und Berufsschutz
Wenn eine Arbeitnehmer*in mit Berufsschutz (gelernte, angelernte Tätigkeit oder Angstelltentätigkeit) seinen*ihren bisherigen Beruf durch Minderung der Arbeitsfähigkeit infolge seines*ihres körperlichen oder geistigen Zustandes nicht mehr ausüben kann, darf er*sie nur auf andere Berufe seiner*ihrer Berufsgruppe verwiesen werden.
Die Arbeitnehmer*in gilt als invalid/berufsunfähig, wenn seine*ihre Arbeitsfähigkeit infolge seines*ihres körperlichen oder geistigen Zustandes auf weniger als die Hälfte derjenigen einer körperlich oder geistig gesunden Person mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten in jedem Beruf, auf den sie verwiesen werden kann, herabgesunken ist.
Ein angelernter Beruf liegt nur dann vor, wenn eine Tätigkeit ausgeübt wird, für die es erforderlich ist, durch praktische Arbeit qualifizierte Kenntnisse und Fähigkeiten zu erwerben, die jenen in einem erlernten Beruf gleichzuhalten sind.
Berufsschutz besteht bei überwiegender Tätigkeit in einem erlernten (angelernten) Beruf oder Erwerbstätigkeit als Angestellter, wenn diese innerhalb der letzten 15 Jahre in zumindest 90 Pflichtversicherungsmonaten ausgeübt wurde. Liegen zwischen dem Ende der Ausbildung und dem Stichtag weniger als 15 Jahre, müssen zumindest in der Hälfte der Kalendermonate, jedenfalls aber für zwölf Pflichtversicherungsmonate, eine Erwerbstätigkeit in einem erlernten oder angelernten Beruf als Arbeiter*in und/oder Angestellter ausgeübt worden sein.
Invalidität/Berufsunfähigkeit ohne Berufsschutz
Wenn eine Arbeitnehmer*in seinen*ihren bisherigen Beruf infolge seines*ihres körperlichen oder geistigen Zustandes nicht mehr ausüben kann, darf er*sie auf jede andere Tätigkeit, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch bewertet wird und die ihm*ihr unter billiger Berücksichtigung der von ihm*ihr bisher ausgeübten Tätigkeit zugemutet werden kann, verwiesen werden. Er*sie gilt als invalid/berufsunfähig, wenn er*sie infolge seines*ihres körperlichen oder geistigen Zustandes nicht mehr im Stande ist, durch eine solche zumutbare Tätigkeit wenigstens die Hälfte des Entgeltes zu erwerben, das eine körperlich und geistig gesunde Person regelmäßig durch diese Tätigkeit erzielen kann.
Liegt kein Berufsschutz vor, so kann die Pension aufgrund einer Härtefallregelung zuerkannt werden, wenn das 50. Lebensjahr vollendet ist, unmittelbar vor der Pensionierung Arbeitslosigkeit (Arbeitslosenmeldung ist erforderlich!) über mindestens 12 Monate vorliegt, mindestens 360 Versicherungsmonate, davon mindestens 240 aufgrund einer Erwerbstätigkeit gegeben sind und nur mehr eine Tätigkeit mit geringstem Anforderungsprofil verrichtet werden kann und ein Arbeitsplatz voraussichtlich innerhalb eines Jahres gefunden werden kann.
Tätigkeitsschutz ab Vollendung des 60. Lebensjahres
Seit 1.1.2017 gelten Personen, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, auch als invalid/berufsunfähig, wenn sie durch Krankheit oder Gebrechen außer Stande sind, jene Tätigkeit auszuüben, die in den letzten 15 Jahren (Rahmenzeitraum) mindestens 10 Jahre hindurch ausgeübt wurde. Dabei sind zumutbare Änderungen dieser Tätigkeit zu berücksichtigen. Der Tätigkeitsschutz gilt sowohl für Personen mit als auch ohne Berufsschutz.
Bei Geburtsjahrgängen ab 1964 hat eine Arbeitnehmer*in Anspruch auf Invaliditäts- (bei Arbeiter*innen) bzw. Berufsunfähigkeitspension (bei Angestellten), wenn gewisse Kriterien erfüllt sind:
Liegt vorübergehende Invalidität/Berufsunfähigkeit vor, wird abhängig von medizinischen oder beruflichen Maßnahmen Rehabilitations- oder Umschulungsgeld gewährt.
Rehabilitationsgeld
Ein Anspruch besteht, wenn
Die Entscheidung erfolgt durch die Pensionsversicherung. Das Rehabilitationsgeld wird für die Dauer der vorübergehenden Invalidität/Berufsunfähigkeit gewährt. Es gebührt ab dem Tag der Antragstellung.
Das Rehabilitationsgeld gebührt in der Höhe des Krankengeldes, mindestens jedoch in der Höhe des Ausgleichszulagen-Einzelrichtsatzes. Es wird vom zuständigen Krankenversicherungsträger, also meist der GKK, ausgezahlt.
Hinweis: Seit 1.1.2016 kommt es durch den Bezug des Rehageldes zu einer automatischen Karenzierung des Arbeitsverhältnisses. Die Arbeitnehmer*in hat dann auch die Möglichkeit, im Falle der Selbstkündigung die Abfertigung alt zu bekommen.
Umschulungsgeld
Ein Anspruch besteht, wenn
Das Umschulungsgeld gebührt in Höhe des Arbeitslosengeldes. Ab Beginn der Teilnahme an den Rehabilitationsmaßnahmen wird das Arbeitslosengeld um 22% erhöht, ergänzt um allfällige Familienzuschläge. Die Auszahlung erfolgt durch das Arbeitsmarktservice.
Weitere Informationen zum Thema „Frühpension“ finden Sie unter: pensionsversicherung.at und arbeiterkammer.at
Autor: Mag. Dr. Klaus Mayr LL.M. ist Referent in der Kammer für Arbeiter und Angestellte OÖ (Abt. Kompetenzzentrum Betriebliche Interessenvertretung), Mitglied der Selbstverwaltung der OÖ GKK, Lektor der Universitäten Linz & Wien, Fachkundiger Laienrichter beim OGH.