Wenn Sie eine vakante Stelle langfristig besetzen möchten, müssen Sie die passenden Kandidat*innen finden – eine nicht zu unterschätzende Herausforderung. Ein gut geführtes Bewerbungsgespräch gibt Aufschluss über den Cultural Fit zwischen Bewerbenden und Unternehmen und zeigt auf, ob die Beziehung auf lange Zeit tragbar sein kann.

Orientieren Sie sich an einem strukturierten Ablauf

Behalten Sie stets im Hinterkopf, dass sich Kandidat*innen nicht nur um Sie bemühen müssen, sondern auch umgekehrt. Immer wieder berichten enttäuschte Bewerbende von schlechten Erfahrungen beim Vorstellen. Auch wenn aus dem Gespräch letztendlich keine fixe Anstellung resultiert, sollten Sie sich als Repräsentant des Unternehmens verstehen und einen positiven Eindruck hinterlassen.

Grundsätzlich laufen Bewerbungsgespräche nach diesem Schema ab:

Vorbereitung
Begrüßung
Interview
Nachbereitung

Gründliche Vorbereitung ist nicht nur die Aufgabe der Bewerbenden

Nichts vermittelt einen schlechteren Eindruck als mangelhafte Vorbereitung. Als Personalverantwortliche*r setzt man voraus, dass Bewerbende über das Unternehmen Bescheid wissen und nicht planlos beim Termin erscheinen. Diese Ansprüche muss man aber auch selbst erfüllen können.

Im ersten Schritt geht es darum zu klären, welche Personen beim Gespräch ebenfalls anwesend sein sollen. Sind die Führungskraft oder vielleicht sogar die Geschäftsleitung notwendig? Geben Sie früh genug Bescheid, damit die Betroffenen ausreichend Zeit einkalkulieren können.

Anschließend legen Sie die Gesprächsdauer sowie die Termine für die Auswahlrunden fest. Ein Bewerbungsgespräch kann bis zu 90 Minuten dauern, Ihre zeitliche Schätzung sollten Sie auch den Bewerbenden mitteilen. Sind für den gleichen Tag mehrere Gespräche angesetzt, sind ausreichend Puffer empfehlenswert, damit sich die Kandidat*innennicht begegnen. Und nicht vergessen: Räume zeitgerecht reservieren. So verhindern Sie, dass Kolleg*innen aus Versehen hereinplatzen.

Nutzen Sie Ihre Vorbereitungszeit dazu, ein Anforderungsprofil zu erstellen. Werfen Sie einfach noch einmal einen Blick auf die Stellenausschreibung und rufen Sie sich in Erinnerung, welche Anforderungen für die Stelle existieren. Halten Sie die gewünschten fachlichen und sozialen Kompetenzen schriftlich fest. Ein Gespräch mit der potenziellen Führungskraft bezüglich ihrer Vorstellungen und Wünsche ist auch ratsam. Davon ausgehend fertigen Sie einen Leitfaden für das Bewerbungsgespräch an, den Sie beim Termin gern vor sich liegen haben können. So verlieren Sie nichts aus den Augen. Es ist außerdem ratsam, die Unterlagen der Bewerbenden ausgedruckt bei der Hand zu haben – als gedankliche Stütze und Anregung, um vertiefende Fragen zu stellen.

Zu guter Letzt bereiten Sie die Präsentation des Unternehmens vor. Beziehen Sie sich hier stark auf das firmeneigene Employer Branding und erzählen Sie, was Sie als Arbeitgeber hervorhebt. So geben Sie den Bewerbenden die Möglichkeit, das Unternehmen näher kennenzulernen und offene Fragen zu klären.

Begrüßen, vorstellen, warm werden

Die Vorstellung des Unternehmens findet vor dem eigentlichen Interview statt. Nachdem Sie und die Kandidat*in sich begrüßt und Platz genommen haben, sprechen Sie kurz über die Geschichte des Unternehmens und seine Besonderheiten. Anschließend sollten Sie die ausgeschriebene Stelle näher erklären und erläutern, welche Anforderungen gestellt werden und welcher Platz in der Unternehmenshierarchie damit eingenommen wird. Danach bitten Sie die Kandidat*in, sich vorzustellen und die Beweggründe für seine Bewerbung zu umreißen.

Fragen stellen: Was ist erlaubt, was nicht?

Wenn Sie sich im Vorhinein ausreichend Zeit genommen haben, um intelligente Fragen zu formulieren, werden Sie die Eignung des Bewerbers im Laufe des Gesprächs rasch abschätzen können. Von pseudopsychologischen Fragen à la „Welches Tier wären Sie?“ sollten Sie aber absehen. Aus den Antworten lassen sich keine brauchbaren Thesen ableiten, die Ihnen im Entscheidungsprozess helfen.

Die Grundpfeiler eines guten Interviews

sind Fragen, die …

  • … offen formuliert sind.
  • … zum Nachhaken dienen, wenn die vorherige Antwort der Bewerbenden nicht aussagekräftig genug war.
  • … nicht zu komplex und lang formuliert sind.
  • … das Wissen über das Unternehmen überprüfen.
  • … die Kandidat*in vor gedankliche Herausforderungen stellen.

Gehen Sie während des Bewerbungsgesprächs inhaltlich taktisch vor. Damit beide Parteien warm werden können, steigen Sie am besten mit Fragen über die fachliche Qualifikation ein. Danach kommen die Methodenkompetenz und abschließend die soziale Kompetenz an die Reihe. Achten Sie darauf, sich nach konkreten Beispielen für die jeweiligen Kompetenzen und Qualifikationen zu erkundigen. Persönliche Themen wie die Familienplanung, die Religionszugehörigkeit und die sexuelle Orientierung des Bewerbers sind übrigens tabu und haben in einem Bewerbungsgespräch nichts zu suchen.

Unser umfangreicher Fragenkatalog für Recruiter soll Ihnen ein Gefühl dafür geben, welche Fragestellungen Sie verwenden können, um Ihre Kandidat*innen besser kennenzulernen.

Reden ist Silber, Schweigen ist Gold

Eine erfahrene Personaler*in weiß genau, wann er*sie sich ins Gespräch einbringen muss und ab welchem Zeitpunkt er*sie besser damit beraten ist, sich zurückzunehmen und zuzuhören. Wenn Sie den Kandidat*innen nicht die Möglichkeit geben, in einem Moment der Stille über seine Antwort nachzudenken, könnten Sie sich möglicherweise um essenzielle Informationen bringen. Deshalb: Fallen Sie Gesprächspartner*innen nicht ins Wort und haken Sie erst dann nach, wenn er zu Ende gesprochen hat.

Auch Sie müssen bei der Wahrheit bleiben

Was erwarten Sie in erster Linie von Kandidat*innen, die sich bei Ihnen um eine vakante Stelle bewerben? Ehrlichkeit. Verständlich, immerhin wollen Sie nicht irgendeine Person einstellen, sondern die richtigen. Und damit Sie die richtige Entscheidung treffen können, benötigen Sie Informationen, auf die Sie sich verlassen können. Für Flunkereien ist da kein Platz – auch nicht, wenn sie von Ihnen kommen.

Die Zeiten, in denen Bewerber*innen Schlange gestanden sind, um einen Job zu ergattern, sind vorbei. Die gut ausgebildeten Fachkräfte von heute können es sich leisten, wählerisch zu sein und sich umwerben zu lassen. Vermeiden Sie es daher, die Schwächen Ihres Unternehmens zu beschönigen, sondern stehen Sie dazu. Zeigen Sie aber gleichzeitig auf, welche Vorzüge Sie als Arbeitgeber bieten können und warum Bewerber*innen bei Ihnen arbeiten sollte. Ehrlichkeit macht sich auch wortwörtlich bezahlt: Verlässt eine Mitarbeiter*in bereits nach kurzer Zeit das Unternehmen, ist das mit einem finanziellen Verlust für die Firma verbunden.

Unterschätzen Sie nicht den Effekt einer guten Nachbereitung

Nichts ist für ein Bewerbende unangenehmer als Ungewissheit. Haben sie andere Jobangebote, sind aber von Ihrem Unternehmen besonders angetan, benötigen sie verständlicherweise zeitnah eine Zu- oder Absage Ihrerseits. Verabschieden Sie sich deshalb mit einem Hinweis, wann die Kandidat*in mit einer Entscheidung rechnen kann – und melden Sie sich verlässlich. Viel zu oft hüllen Personaler*innen sich in Schweigen und lassen nie wieder von sich hören, obwohl sie den Bewerbenden eine Antwort zugesichert haben. Damit sorgen Sie für Unmut und schädigen Ihr Employer Branding, was wiederum Ihre Attraktivität als Arbeitgeber mindert.