
Ein Absageschreiben kann für Arbeitgeber richtig gute Werbung sein
Eingestellt kann immer nur einer werden … Im Recruitingprozess gibt es schöne und weniger schöne Erlebnisse. Zu letzteren gehören die Absageschreiben, die einen Großteil der Kommunikation zwischen Unternehmen und einer Vielzahl an Bewerber*innen ausmacht: Bei 50 Interessenten für einen Job braucht es immerhin 49 Absageschreiben, die früher oder später Erwartungen enttäuschen müssen. So heikel das auch sein mag, kann man sein Unternehmen dabei in einem guten Licht dastehen lassen oder eben nicht – das ist die Kunst!
Gerade Absageschreiben hinterlassen bei den Empfänger*innen einen oft anhaltenden Eindruck über ein Unternehmen und sagen viel über die Unternehmenskultur und gelebte Werte aus. Eine schlecht textierte Jobabsage kann sich beim Jobsuchenden einprägen und neben Enttäuschung auch Wut auslösen. Solche starken Emotionen werden dann auch tendenziell eher im Familien- und Freundeskreis angesprochen und können so ein Unternehmensbild stark beeinflussen.
Absage begründen: Alles kann, nichts muss #
Bei vielen Recruiter*innen herrscht Unklarheit, wenn es um die Begründung einer Absage geht. Muss ich überhaupt näher auf die Faktoren eingehen, die meine Entscheidung beeinflusst haben? Hier gilt: Arbeitgeber sind nicht verpflichtet, die Gründe, die hinter einer Absage stehen, der bewerbenden Person mitzuteilen. Folgende Punkte können für eine Entscheidung gegen eine Kandidat*in ausschlaggebend sein:
- Initiativbewerbung, aber keine passende Stelle frei
- Über- oder Unterqualifizierung
- Mangelnde Berufserfahrung
- Zu hohe Gehaltsvorstellungen
- Mangelhafte Bewerbungsunterlagen
- Bewerber passt nicht zur Unternehmenskultur
- Lebenslauf ist unstimmig
Wir empfehlen im Sinne einer positiven Arbeitgebermarke unbedingt Personen, die ihre Bewerbung zugeschickt haben, Rückmeldung zu geben. Wer sich nicht aufs Glatteis begeben will, bleibt lieber beim klassischen „Wir haben uns für eine andere Kandidat*in entschieden“. Talente, die zwar nicht für die aktuell benötigte Stelle geeignet sind, in Zukunft aber durchaus interessant sein könnten, sollten zusätzlich darüber informiert werden, dass sie in Evidenz gehalten werden. Damit hierbei die DSGVO-Regeln eingehalten werden, wird die schriftliche Zustimmung der Kandidat*in unbedingt benötigt.
Authentische Absageformulierungen wirken positiv auf das Image #
Die Art und Weise wie ein „Leider nein“ formuliert und kommuniziert wird, macht vieles aus. Schließlich haben die meisten Bewerbenden eine Menge Zeit in ihre Unterlagen und Recherchen investiert. Persönliche Kommunikation auf Augenhöhe kann ein positives Arbeitgeberimage fördern und hält interessanten Talenten die Tür zum Unternehmen offen.
Soll bereits nach der schriftlichen Bewerbung eine Absage erteilt werden, ist es ungleich schwerer und relativ aufwändiger, auf die Bewerber*in individuell einzugehen, als am Ende eines persönlichen Vorstellungstermins mit mehreren Personen. Dabei sollten dennoch Massenansprachen und Standardfloskeln vermieden werden. Gibt man auch in der engeren Bewerbendenauswahl keinen konkreten Grund an, warum es nicht gereicht hat, muss man damit rechnen, dass einige Bewerbende zum Telefon greifen und eine Erklärung fordern.
„Man kann nicht nicht kommunizieren!“
Keine Rückmeldung zu geben ist auch eine Art, fehlende Wertschätzung zu vermitteln und kann im worst case einen noch bittereren Nachgeschmack bei der abgelehnten Bewerber*in hinterlassen als ein Standard-Absageschreiben. Das Paradoxe daran ist, dass Unternehmen oftmals sehr viel Geld in die Hand nehmen für Personalberater*innen, Karriereseiten und die Schaffung einer Employer Brand, um so ein möglichst positives Bild nach außen zu tragen. Ein gut formuliertes Absageschreiben kostet vergleichsweise nahezu nichts und vermittelt ein Vielfaches an Wertekultur und Authentizität.
Im Sinne von Paul Watzlawicks Bonmot gilt nämlich: Jede Kommunikation nach außen prägt das Image vom Arbeitgeber. Das heißt konkret: Alle abgelehnten Bewerbende sollten in einer angemessenen Zeit eine Rückmeldung bekommen, die ihn informiert. Das sollte in einer Art und Weise geschehen, die Sie als Unternehmen vertreten können. Zumindest dem Talent, mit denen auch ein Vorstellungsgespräch geführt wurde und die zum engeren Kreis der potenziellen Kandidat*innen zählten, sollte man ein spezifischeres Feedback geben.
Das kann teuer werden #
Einerseits wird ein allgemein gehaltenes Absageschreiben ohne Angabe näherer Gründe von Bewerbenden nicht unbedingt geschätzt. Auf der anderen Seite sollte man es bei einer persönlich zugeschnittenen Absage tunlichst vermeiden, in die Diskriminierungsfalle zu tappen (vgl. Bundesgesetz über die Gleichbehandlung). Folgende Faktoren dürfen nicht hinter einer Jobabsage stecken:
- Ethnische Herkunft
- Religionszugehörigkeit
- Weltanschauung
- Geschlecht
- Alter
- Behinderung
- Sexuelle Identität
Was das Geschlecht anbelangt, ist im Gesetzestext außerdem festgehalten, dass Frauen auch nicht aufgrund einer Schwanger- oder Mutterschaft benachteiligt werden dürfen. Männer dürfen ebenso wenig abgewiesen werden, weil sie väterliche Pflichten haben oder bald Familienzuwachs bekommen. Ausgenommen von dieser Regelung sind beispielsweise Frauenhäuser, die aus offensichtlichen Gründen nur Frauen anstellen. Trotzdem ist es wichtig, rechtzeitig und so ehrlich wie möglich die Gründe für die Absage mitzuteilen. Denken Sie immer daran, dass es sich um eine persönliche, emotionale Angelegenheit handelt.
Das erwarten sich Bewerbende:
5 Tage! Fragt man Bewerber*innen, wie lange es maximal dauern darf, bis sie nach einer Bewerbung eine Antwort erhalten, sind das im Median bloß 5 Tage - vom Absenden der Bewerbungsunterlagen bis zur ersten Rückmeldung des Unternehmens (positiv oder negativ).
Quelle: Studie (R)Evolution Arbeit, karriere.at und Marketagent.com, 2019.
5 Tipps für bessere Absageschreiben #
Mit diesen Ratschlägen können Sie Jobabsagen formulieren, die über die Fakten informieren, der Bewerber*in aber nicht vor den Kopf stoßen:
- Individuelles Understatement: Hochtrabende Formulierungen und leere Standardphrasen vermeiden – lieber persönlich und auf den Punkt gebracht!
- Ehrlichkeit zählt! Versuchen Sie der Bewerber*in so offen wie nötig und so ehrlich wie möglich die Gründe für die Absage mitzuteilen. Denken Sie immer daran, dass es sich um eine persönliche, emotionale Angelegenheit handelt.
- Timing ist alles: Das beste Absageschreiben bringt zwei Monate nach Eingang der Bewerbung meist nur mehr Ernüchterung.
- Marke stärken: Überlegen Sie, wie Sie sich als Unternehmen auch in Absageschreiben mit ihrer Employer Brand positionieren können, so dass Bewerbende auch nach einer Absage noch etwas Positives mit Ihnen verbinden können.
- In Evidenz halten: Wirklich gute Kandidat*innen (und nur diese) warm halten und um Einverständnis bitten, die Unterlagen für künftige Stellenbesetzungen in einem Talent Pool behalten zu dürfen.
Mustervorlagen Absageschreiben #
Ob Sie besonders kreativ sind (etwa mit einer augenzwinkernden Betreffzeile „Vielleicht später …“) oder ganz beim Konventionellen bleiben, macht eine gute Absage nur marginal aus. Wichtig ist, was darin vermittelt wird – das kann mit einer positiven Einleitung, guten Wünschen für die Zukunft, einer konkreten Entscheidungsbegründung oder einer persönlichen Note geschafft werden. Für Ihr gelungenes Absageschreiben haben wir hier einige Musterformulierungen gesammelt. Egal ob Praktikumsabsage, Evidenzschreiben oder Absagenbegründung - hier finden Sie Orientierungshilfen zum idealen Absageschreiben.

Die Absageschreiben-Mustervorlagen gibt es hier als gratis Download:
- Musterformulierungen Datei herunterladen · 221 kb
Horror-Jobabsagen #
Es gibt sehr kuriose Anekdoten zum Thema „Absageschreiben“, die unter allen Umständen vermieden werden müssen. Hier ein kleiner Auszug:
- Eine Hamburger Tourismusfirma schickte 283 Absagen im CC: an ihre Bewerber*innen. Dabei wurde ein männlicher Ansprechpartner genannt. Alle konnte sehen, wer sich sonst noch beworben hat.
- Ein Logistikunternehmen: Eine Bewerber*in wagte anzufragen, wann sie*er denn mit einer Reaktion rechnen könnte. „Gar nicht“, antwortete man dort. „Wir haben 300 Bewerbungen bekommen, Sie glauben doch nicht, dass wir die alle lesen!“
- Ein Unternehmen schickte der falschen Kandidat*in den Arbeitsvertrag und ließ ihn unterzeichnen. Erst eine Woche später kam der Irrtum raus. Aufklären wollte ihn keiner mehr – zu peinlich. Da beschäftigte man doch lieber jemand, der eigentlich auf Stapel B (Absage schicken) gelegen hatte.