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Clean desk policy

Clean Desk Policy – Pro & Contra: Muss Ordnung wirklich sein?

Produktivität Erstellt am: 09. April 2019 4 Min.

Keine persönlichen Gegenstände, nur das Nötigste zum Arbeiten und am Abend wird blitzblank aufgeräumt: So funktioniert das Clean-Desk-Prinzip. Aber macht Ordnung wirklich produktiver? Und wann ist kreatives Chaos besser? Wir klären die Pros und Contras der Clean Desk Policy aus psychologischer Sicht.

Sieht man sich bei uns im Büro um, wird schnell klar: Wir betreiben sicher keine Clean Desk Policy. Da stapeln sich die To-do-Listen der vergangenen und kommenden Monate, stehen Quietsche-Entchen neben Plüsch-Pinguinen sowie Gummi-E.T.s und überall hängen Fotos … Da sauber geordnete Schreibtische in unserem Arbeitsalltag nicht nötig sind, wollten wir wissen, in welchen Branchen sie überhaupt Sinn machen und warum. Arbeitspsychologin Christa Schirl klärt uns auf über die Vor- und Nachteile der Clean Desk Policy:

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Definition: Was bedeutet Clean Desk Policy? #

Ein sauber aufgeräumter Schreibtisch, auf dem nur das steht, was man zum Arbeiten braucht, und nur solange man es braucht – das ist das „Clean-Desk-Prinzip“. Dabei dürfen Mitarbeiter meist nichts Persönliches am Arbeitsplatz haben und alles muss in der richtigen Ordnung hinterlassen werden. „Das hat viel Gutes, aber auch viel Schlechtes“, erklärt Arbeitspsychologin Christa Schirl.

Pro: Was spricht für das Clean-Desk-Prinzip? #

Für Sauberkeit und die immer gleiche Ordnung spricht in manchen Branchen sehr viel: „Bei einer Bank zum Beispiel ist Seriosität wichtig. Wenn da jetzt überall Papierstapel herumliegen würden und es chaotisch aussieht, würden wir dieser Bank kein Geld anvertrauen“, gibt Schirl zu bedenken. „In diesem Fall ist es außerdem wichtig, dass für den Kunden ein immer gleich guter Service gewährleistet ist, unabhängig davon, zu welchem Schalter er geht. Das kann man signalisieren, indem alle Arbeitsplätze gleich ordentlich aussehen.“ Eine großes Durcheinander kann zudem Stress erzeugen, erklärt die Arbeitspsychologin. „In einem Krankenhaus beispielsweise wäre das absolut kontraproduktiv, darum ist alles sehr strukturiert geordnet. Generell ist das bei Routineabläufen, die von verschiedenen Menschen durchgeführt werden, total wichtig.“

Eine aufgeräumte Arbeitsumgebung erleichtert Routinetätigkeiten #

Sobald mehrere Menschen miteinander unter Zeitdruck arbeiten und immer wieder dieselben Arbeitsschritte durchführen müssen, macht die Clean Desk Policy also Sinn. „In der Schublade, in der die Tupfer sind, müssen auch immer die Tupfer sein. Oder in der Fabrikshalle müssen die Werkzeuge immer am selben Platz sein, da hab ich keine Zeit zum Suchen“, veranschaulicht Schirl. Die Clean Desk Policy kann aber auch aus einem falschen Gleichberechtigungsverständnis heraus entstehen. Christa Schirl meint dazu: „Manche Arbeitgeber denken sich: ‚Ich will niemanden bevorzugen oder benachteiligen, darum mach ich alles für alle gleich.‘ Leider funktioniert das selten.“ Und einen weiteren Stolperstein des kollektiven Ordnungszwangs führt sie auf: „Wenn immer alles gleich ist, arbeite ich wie im Schlaf und muss geistig nicht so anwesend sein. Wenn ein bisschen Chaos herrscht, muss ich mich dagegen mehr konzentrieren und bin präsenter.“

Contra: Clean Desk Policy verhindert die persönliche Entfaltung #

Die Clean Desk Policy kann dann sinnvoll sein, wenn die Rolle bzw. Funktion wichtiger für den Arbeitserfolg ist als die jeweilige Persönlichkeit. „Je älter wir werden, desto mehr entwickelt sich aber die Persönlichkeit und umso schlimmer wird für uns diese vorgegebene Ordnung“, erklärt Schirl. „Man denkt nicht mehr so viel darüber nach, wie man bei anderen ankommt, sondern möchte zeigen, wer man ist. Wie ich den Arbeitsplatz gestalte, zeigt das sehr gut und spricht für meine Autonomie. Wenn ich kein Familienfoto oder keine Pflanze aufstellen darf, meine Individualität nicht zeigen darf, dann kann das sehr störend sein.“ Ähnliches gilt ihrer Meinung nach auch für Kleidervorschriften: „Wenn alle gleich angezogen sein und alle Arbeitsplätze gleich aussehen müssen, gibt man seine Persönlichkeit ab. Das kann für manche zum Problem werden.“

Ist Ordnung der Tod der Kreativität? #

Gerade für Menschen, die sich gern mit dem Erschaffen von Dingen beschäftigen und damit auch ihre Persönlichkeit ausdrücken möchten, scheint die Clean Desk Policy nicht das Richtige zu sein. Stichwort: kreatives Chaos. Die Psychologin erklärt das folgendermaßen: „Als Künstler fügt man Dinge zusammen, die eigentlich nicht zusammenpassen. Wenn jetzt immer alles dieselbe Ordnung hat, kann man nichts Neues verbinden, denn Kreativität entsteht oft aus Chaos. Bei der Clean Desk Policy wird das total vernachlässigt.“ In sehr agilen Arbeitsumgebungen ohne fix zugeteilten Schreibtisch ist sie dennoch nötig, damit jeder überall gleich gut arbeiten kann. Hier sind persönliche Gegenstände viel wert: „Da ist es dann gut, wenn zumindest mein Laptop eine besondere Hülle oder mein Stift einen Puschel haben darf, damit ich so meinen Charakter zeigen kann. Wenn nicht einmal das Kaffeehäferl personalisiert sein darf, kann ich keine Persönlichkeit ausdrücken und das geht auf Kosten der Fantasie und der Kreativität.“

Ein interessantes Gegenbeispiel ist Irene Pereyra, Designerin einer Agentur in Brooklyn. Sie sieht Ordnung als Grundvoraussetzung, um überhaupt kreativ arbeiten zu können. Die Clean Desk Policy ist also nicht unbedingt der Tod jeglicher Kreativität, macht es aber schwerer, seine Persönlichkeit auszudrücken.

Bildnachweis: shutterstock/ImageFlow


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