Digitaler Stress: Warum Technologie Freund und Feind zugleich ist
Computer, Smartphones, das Internet: Wunderbare Errungenschaften der Menschheit, die uns in Sekundenschnelle mit Information versorgen, uns trotz räumlicher Distanz mit unseren Liebsten verbinden und vielen Menschen das Arbeiten von jedem beliebigen Ort aus ermöglichen. Gerade in diesem Jahr sind uns die Vorteile digitaler Technologie besonders bewusst geworden.
Gleichzeitig spüren wir derzeit besonders gut, dass uns die Nutzung von Computer, Smartphone und Co. ganz schön stressen können. Wer wurde in den vergangenen Monaten nicht von WhatsApp- und Telegram-Nachrichten überflutet, hat Gehirn und Augen mit Dauer-Videochats überlastet oder sich über nicht funktionierende Programme im Homeoffice geärgert? Wie wir mit diesen potenziellen Stressfaktoren umgehen lernen können, beschreibt René Riedl in seinem Buch „Digitaler Stress – Wie er uns kaputt macht und was wir dagegen tun können“.
Warum digitaler Stress ensteht
Grundsätzlich soll Technologie nützlich sein – das gilt auch für die Digitalisierung, die mittlerweile jeden Lebens- und Arbeitsbereich durchdringt. Doch wie kommt es, dass etwas grundsätzlich Nützliches zu Stress führt? Anhand wissenschaftlicher Studien untermauert Riedl in seinem Buch einen „großen Irrtum“: Je mehr wir digitale Technologien nützen, desto nützlicher sind sie für uns – eben nicht. Ab einer gewissen Nutzungsintensität, die sich von Mensch zu Mensch unterscheidet, empfinden wir digitale Technologien nicht mehr als nützlich, sondern als stressig. Was wir alle vermutlich schon des Öfteren wahrgenommen haben, belegt Riedl wissenschaftlich: Irgendwann wirds uns zu viel.
Digitale Stressfaktoren
Nach einem kurzen Ausflug in die Stressforschung, in der Riedl anschaulich erklärt, wie Stress entsteht und warum manche Menschen resilienter sind als andere, beschreibt er in mehreren Kapiteln den Beitrag einzelner Faktoren an der Entstehung von digitalem Stresss. Und auch diese kommen uns nur allzu bekannt vor: Sei es die „Informations- und Kommunikations-Misere“, die unsere durch E-Mail und Social Media total vernetzte Welt mit sich bringt (Filmtipp der Redaktion: „The Social Dilemma“ auf Netflix), die Frustration durch fehlende Usability von Technologien sowie mangelnde Anwendungskenntnisse der User oder aber die Angst vor ständiger Überwachung und drohendem Jobverlust durch Künstliche Intelligenz.
Digitalen Stress vermeiden
Im letzten Kapitel skizziert Riedl Möglichkeiten, um digitalen Stress zu vermeiden. „Wir sind auf Face-to-Face ‚programmiert’“, schreibt er. Dennoch sei es nicht zielführend, jegliche digitale Technologie abzulehnen. Vielmehr sei es wichtig, sie in einem Maß anzuwenden, das für unsere Anforderungen zielführend und gleichzeitig für unsere Psyche verträglich ist. Wie das gelingen kann und warum uns ausgerechnet intelligente Technologien dabei helfen könnten, erfahrt ihr im Buch. Große Leseempfehlung!

Prof. Dr. René Riedl, Digital Business Management (FHOÖ & JKU)
Über die Person:
René Riedl ist habilitierter Wirtschaftsinformatiker, seit 2013 Inhaber der Professur für Digital Business und Innovation an der FH Oberösterreich (Campus Steyr) und assoziierter Universitätsprofessor am Institut für Wirtschaftsinformatik an der Johannes Kepler Universität (JKU) Linz. Er gilt als einer der weltweit führenden Wissenschaftler in der Erforschung der neuropsychologischen Wirkungen der menschlichen Interaktion mit digitalen Technologien, berät Unternehmen in Digitalisierungs-Fragen und ist darüber hinaus wissenschaftlicher Direktor der Neuro-Information-Systems Society.
Bildnachweis: shutterstock/fizkes; René Riedl/kerriephotography.at