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Arbeitsrecht

Schadenersatz im Arbeitsverhältnis: Wer haftet wirklich?

Hr tipps Arbeitsrecht Schadensersatz

Wenn wir mit dem Auto fahren und ein Unfall passiert, ist wohl für die meisten klar, dass die schuldige Person den Schaden zu bezahlen hat. Im Folgenden geht es darum, ob dies auch genauso in einem Arbeitsverhältnis gilt.

Rechtsgrundlage

Die allgemeinen Regelungen über Schadenersatz finden sich in den §§ 1295 ff ABGB (Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch). Die speziellen Verschuldensregelungen und Rechtsfolgen sind im Dienstnehmer*innenhaftpflichtgesetz geregelt.

Wann haftet die Arbeitnehmer*in für einen Schaden?
Hier gelten die allgemeinen Grundsätze des Schadenersatzrechts. Dies bedeutet, dass tatsächlich ein Schaden entstanden sein muss, welcher von der Arbeitnehmer*in verursacht worden ist. Der Schadens muss von der Arbeitnehmer*in auch verschuldet sein.
Verschuldensgrade nach dem Dienstnehmer*innenhaftpflichtgesetz
Im Dienstnehmer*innenhaftpflichtgesetz gibt es unterschiedliche Verschuldensgrade, von denen es abhängig ist, ob bzw. in welchem Umfang die Arbeitnehmer*innen schadenersatzpflichtig wird. Beim Ausmaß des Schadenersatzes sind immer die konkreten Umstände des Einzelfalles, z.B. Gefahrengeneigtheit einer Tätigkeit, Stresssituation, Ausbildung der Arbeitnehmer*in, Höhe des Einkommens der Arbeitnehmer*innen etc. zu berücksichtigen.

• Entschuldbare Fehlleistung: Eine entschuldbare Fehlleistung liegt vor, wenn der Eintritt eines Schadens nur bei außerordentlicher Aufmerksamkeit voraussehbar gewesen wäre, z.B. im Straßenverkehr bei einem sogenannten Wildschaden. Bei einer entschuldbaren Fehlleistung entfällt die Schadenersatzpflicht.

• Leichte Fahrlässigkeit: Eine solche liegt vor, wenn das Verhalten auf einem Fehler beruht, der gelegentlich auch einem sorgfältigen Menschen passiert. In diesen Fällen, z.B. im Straßenverkehr bei einem Auffahrunfall oder Parkschaden, kann das Gericht die Schadenersatzpflicht der Arbeitnehmer*in unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Falles bis auf null mäßigen.

• Grobe Fahrlässigkeit: Grobe Fahrlässigkeit ist dann anzunehmen, wenn die Arbeitnehmer*in die erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlicher und auffallender Weise vernachlässigt hat und der Eintritt eines Schadens wahrscheinlich und vorhersehbar war. Dies ist etwa im Straßenverkehr bei Fahren mit stark erhöhter Geschwindigkeit oder in betrunkenem Zustand der Fall. Bei grob fahrlässigem Verhalten kann das Gericht aus Billigkeitsgründen die Schadenersatzpflicht der Arbeitnehmer*in zwar mäßigen, aber nicht zur Gänze erlassen.

• Vorsatz: Wenn die Arbeitnehmer*in einen Schaden vorsätzlich herbeigeführt hat, ist er zur Gänze schadenersatzpflichtig.

Welcher Grad des Verschuldens im Einzelfall vorliegt, hat das Arbeits- und Sozialgericht zu entscheiden.
Fristen zur Geltendmachung von Ansprüchen nach dem Dienstnehmer*innenhaftpflichtgesetz
Schadenersatzansprüche zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer*in, die nur auf leichter Fahrlässigkeit beruhen, sind innerhalb von 6 Monaten ab Kenntnis von Schaden und Schädiger vom Arbeitgeber gerichtlich geltend zu machen. Es kann auch im Arbeitsvertrag oder Kollektivvertrag eine kürzere Frist vereinbart werden.
Aufrechnung bei laufendem Arbeitsverhältnis
Eine Aufrechnung von Schadenersatzansprüchen mit dem laufenden Entgelt ist im laufenden Arbeitsverhältnis nur zulässig, wenn die Arbeitnehmer*in nicht innerhalb von 14 Tagen ab Zugehen der Aufrechnungserklärung des Arbeitgebers widerspricht.

Stand: Mai 2018

Autor: Mag. Dr. Klaus Mayr LL.M. ist Referent in der Kammer für Arbeiter und Angestellte OÖ (Abt. Kompetenzzentrum Betriebliche Interessenvertretung), Mitglied der Selbstverwaltung der OÖ GKK, Lektor der Universitäten Linz & Wien, Fachkundiger Laienrichter beim OGH.