Impfen, testen, Maske tragen: Welche Corona-Maßnahmen im Job machen wir mit?
Abstand halten, Masken tragen und zwischendurch ein Staberl in der Nase – seit einem Jahr gehören diese Maßnahmen irgendwie zu unserem Alltag dazu. Und obwohl sie vermutlich niemand richtig gern hat, sind wir mehr oder weniger dazu bereit. In unserer aktuellen Studie zum Jobwechsel in Zeiten von Corona haben wir gemeinsam mit dem Markt- und Meinungsforschungsinstitut Marketagent.com in einer österreichweiten, repräsentativen Studie erhoben, welche Corona-Maßnahmen die Österreicher*innen in ihrem Job mitmachen würden. Das Ergebnis überrascht.
Inhaltsverzeichnis
Akzeptanz von Corona-Maßnahmen im Betrieb ist hoch
94 Prozent der Befragten erklären sich in der Studie bereit, in der Arbeit Hygienemaßnahmen wie Hände waschen, Abstand halten und Lüften einzuhalten. Nur zwei Prozent zeigen sich dazu „eher nicht“ bzw. „auf keinen Fall“ bereit. Der Rest ist unentschlossen. Diese hohe Bereitschaft zieht sich auch durch die weiteren möglichen Maßnahmen. Es zeigt sich: Je niederschwelliger die Maßnahmen, umso höher ist die Bereitschaft, sie mitzutragen. So wären insgesamt 73 Prozent bereit, sich mittels Corona-Schnelltests am Arbeitsplatz testen zu lassen, 68 Prozent wären auch zu PCR-Tests bereit. Eher ablehnend gegenüber Corona-Tests im Betrieb äußern sich 15 (Schnelltests) bzw. 20 Prozent (PCR-Tests).
Mehr als die Hälfte würde sich am Arbeitsplatz impfen lassen
Besonders überraschend ist die hohe Bereitschaft zu Impfungen im Betrieb. 58 Prozent der Befragten geben an, sich am Arbeitsplatz mittels (kostenloser) Corona-Schutz-Impfung auf freiwilliger Basis impfen zu lassen, würde eine solche angeboten. 43 Prozent wären sogar zu einer verpflichtenden Impfung im Betrieb bereit. Diese Frage zeigt aber nicht nur große Zustimmung, sondern auch viel Ablehnung: Denn genauso viele Befragte (43 Prozent) geben an, eine Impfpflicht am Arbeitsplatz „eher nicht“ oder „auf keinen Fall“ (32 Prozent) einhalten zu wollen. Die Ablehnung einer freiwilligen Impfung im Betrieb ist mit 30 Prozent zwar geringer, fällt jedoch auch deutlich aus.
Insgesamt zeigen die Studienergebnisse damit, wie sehr das Thema polarisiert. Die Anzahl derer, die sich „auf jeden Fall“ bzw. „auf keinen Fall“ impfen lassen würde, ist deutlich höher als die Anzahl der Unschlüssigen und derer, die eine Impfung „eher schon“ bzw. „eher nicht“ durchführen lassen würden.
Ablehnung von Corona-Maßnahmen: Rechtliche Konsequenzen?
Bleibt die Frage: Was passiert mit Arbeitnehmer*innen, die Corona-Maßnahmen am Arbeitsplatz verweigern? Auch wenn unsere Studie zeigt, dass die Zahl der Befürworter*innen insgesamt sehr hoch ist, so wären beispielsweise bei verpflichtenden Impfungen im Betrieb doch vier von zehn Mitarbeitende von möglichen rechtlichen Konsequenzen betroffen. Wie diese aussehen könnten, erklärt Mag. Dr. Klaus Mayr LL.M., Referent in der Kammer für Arbeiter und Angestellte OÖ (Abt. Kompetenzzentrum Betriebliche Interessenvertretung) und fachkundiger Laienrichter beim OGH.
Keine Rechtsgrundlage für betriebsinterne Impfpflicht
Abgesehen davon, dass auf absehbare Zeit ohnehin nicht genügend Impfstoff vorhanden ist, um alle in Österreich lebenden und arbeitenden Menschen zu immunisieren, wäre es auch rechtlich schwierig, wie Dr. Mayr erklärt: „Eine solche Rechtsgrundlage besteht nicht. Es gibt zwar im Arbeitsrecht die Treuepflicht des Arbeitnehmers und die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers, aber die hier angesprochene Treuepflicht reicht nach derzeitigem Verständnis nicht so weit, dass man sich impfen lassen muss.“ Dennoch könnten Arbeitgeber eine Impfung im Dienstvertrag einfordern: „Was ich derzeit sicher bejahen kann, ist dass eine Airline zum Beispiel nur Geimpfte aufnehmen kann und/oder im Dienstvertrag eine Impfverpflichtung – ähnlich wie in Krankenhäusern und/oder Alten- und Pflegeheimen – aufnehmen darf.“
Kündigung wegen Maßnahmen-Verweigerung möglich
Unabhängig von Corona tut man als Arbeitnehmer*in gut daran, Anordnungen des Arbeitgebers auch einzuhalten, das dürfte allen klar sein. Tut man dies nicht, so droht eine Kündigung, denn: „In Österreich bedarf es im privaten Arbeitsrecht keines Grundes für eine Kündigung. Sollte der Arbeitnehmer dann die Kündigung wegen eines verpönten Motivs (§ 105 Abs 3 Z 1 lit i ArbVG) anfechten, muss er glaubhaft machen, dass er wegen seiner Impfweigerung gekündigt worden ist. Dann hängt es letztendlich vom Obersten Gerichtshof ab, ob sich nicht impfen zu lassen die Geltendmachung eines nicht völlig unberechtigten Anspruchs ist.“
Jedenfalls müsse der Dienstgeber dabei die festgelegte Kündigungsfrist einhalten, erklärt Mayr weiter: „Eine (fristlose) Entlassung bedarf eines gravierenden Grundes. Solche sind im Gesetz exemplarisch aufgezählt. Eine Entlassung wegen einer Impfverweigerung kommt nicht in Betracht, da das Einhalten der Kündigungsfrist wohl für den Arbeitgeber zumutbar ist.“
Ähnlich ist es bei der Verweigerung von Coronatests durch Mitarbeitende: „Sofern eine gesetzliche oder durch Verordnung bestimmte Pflicht zum Testen besteht, etwa in Krankenhäusern sowie Alters- und Pflegeheimen, besteht sonst keine Möglichkeit, der Arbeit nachzugehen. Kommen Arbeitnehmer im Falle einer Testpflicht dieser nicht nach, dürfen sie nicht arbeiten. Da sie in diesem Falle die mangelnde Dienstfähigkeit selbst verursacht haben, steht ihnen auch kein Entgelt zu. Dies ist zwar sehr unerfreulich, ist aber die logische Konsequenz in den sensiblen Bereichen, wo der Gesetzgeber eine Testpflicht vorgesehen hat. In diesen Bereichen kann es auch zu einer Kündigung kommen, wenn der Arbeitnehmer sich beharrlich weigert, an einer Testung teilzunehmen.“
„Sensibler Bereich“ ist in diesem Zusammenhang wichtig, denn: „In anderen Bereichen kann ein Arbeitgeber eine Testpflicht nicht anordnen, da solche Tests ohne eine gesetzliche oder durch Verordnung bestimmte Pflicht freiwillig sind.“
Testen und Impfen gilt als Arbeitszeit
Wie sehr die Corona-Maßnahmen am Arbeitsplatz mitgetragen werden, ist vermutlich nicht nur eine Frage der Freiwilligkeit, sondern auch der Arbeitszeit. Bei der Testpflicht zum Beispiel im Gesundheitswesen ist die Sache laut dem Arbeitsrechts-Experten klar: „Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die notwendige Zeit als Arbeitszeit zu bezahlen. Kürzlich wurde auch im Kollektivvertrag für die Sozialwirtschaft Österreich eine solche Regelung aufgenommen. Wenn der Arbeitgeber eine auswärtige Testung vorschreibt, muss er die erforderliche Zeit und die Fahrtkosten dafür bezahlen.“
Auch bei einer zukünftig möglichen Impfung im Betrieb ist das vermutlich der Fall, erklärt Dr. Mayr – ähnlich wie es in Krankenhäusern sowie Alten- und Pflegeheimen bereits gehandhabt wird: „In diesen Einrichtungen haben die Arbeitgeber natürlich größtes Interesse, dass sich die Arbeitnehmer impfen lassen. Daher spielt die Frage, ob dies Arbeitszeit ist oder nicht, dort eine untergeordnete Rolle. Die Zeit der Impfung wird daher bezahlt. Nach den Ankündigungen der Bundesregierung soll die Impfmöglichkeit zumindest in größeren Betrieben im Laufe des Jahres bestehen, wenn genügend Impfstoff vorhanden sein wird. Wenn der Arbeitgeber dies anbietet, ist davon auszugehen, dass diese Zeit als Arbeitszeit gilt.“
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